MODE UND KULTUR

Was übrig bleibt

Die Berliner Modewoche verkümmert

Solidität – die Modenschau „MARCCAIN“ (Bild: Christian F. Janssen)

Von Christian F. Janssen — 1. Februar 2020
Die Berliner Modewoche, die diesmal vom 13. Januar 2020 bis zum 17. Januar 2020 dauerte, schrumpfte weiter. Die Gruppenausstellung „BERLINER SALON“ gab es nicht mehr, was schon im März 2019 festgestanden hatte, als Markus Kurz, einer der Initiatoren sowie zugleich der Geschäftsführer der Agentur „NOWADAYS“ und Veranstalter der Veranstaltungsreihe „MBFW“, erklärt hatte: „Die Einstellung des Berliner Salon ist die Folge einer realistischen Einschätzung des Marktes und seines Potentials. Unter professionellen Gesichtspunkten kann, unserer Meinung nach, das Format auf Grundlage der bestehenden Berliner Messedaten international nicht wettbewerbsfähig weiterentwickelt werden.“ Zentrale Veranstaltungsstätte war nunmehr das ehemalige Heizkraftwerk Mitte unter der Bezeichnung „Kraftwerk Berlin“.

Dort präsentierte die Münchener Modeschöpferin Irene Luft am 14. Januar 2020 die Couturekollektion für den Herbst und Winter 2020/2021 zwischen der Traurigkeit der Schönheit und der Schönheit der Traurigkeit. Die Farben, das heißt die Pastelltöne von Blumenfeldern, das Schwarz verwunschener Wälder und das Schwarzblau der Tollkirschebeeren erzeugten eine Stimmung von Nebelschwaden. Federleichter Chiffon und sonstige doppelte Stoffe gaben den Kontrast zwischen der Schönheit des Lebens und der Traurigkeit bei Zerbrechlichkeit, Vergänglichkeit und Sterblichkeit wieder. Zarte florale Akzente standen für eine unschuldig blühende Natur. Bei den Linien galt das Gebot der Klarheit. Die Freude, genau gesagt die Lebensfreude, war das Thema der Prêt‑à‑porter-Kollektion der Mainzer Modeschöpferin Anja Gockel. Unter dem Motto „JOY“ eröffneten die Sänger des Berliner Chores „The Embassy Singers“ und des Berliner Konzert-Chor e. V. mit dem Stücke „Ode an die Freude“ nach dem Komponisten Ludwig van Beethoven und dem Dichter Friedrich von Schiller die Modenschau im Hotel „ADLON“. Anja Gockel war wichtig, Mode mit Inhalten, die Werte vermitteln, zu verbinden. Ein großes Stoffspektrum ergab eine Komposition, deren Vielseitigkeit zur Melodie der Europahymne ein multikulturelles Europa symbolisierte: Vielfalt in der Einheit. Ausdrucksstarke, farbenfrohe Stoffdrucke gingen überdies mit sportlichen Schnitten einher.

Ebenfalls in der zentralen Veranstaltungsstätte zeigte der Berliner Modeschöpfer Danny Reinke die Kollektion „Faded Blossom“. In ihrer Melancholie spiegelte die Kollektion das tragische Leben der amerikanischen Schauspielerin und des Mannequins Edith Bouvier Beale alias Little Edie wider. Tüll war ein zentraler Stoff. Perlenstickerei, auch ein Markenzeichen, fehlte nicht. Für Frische und Lebenskraft spielte Danny Reinke mit Tier- und Blumenmustern. Karomuster waren ein starker Kontrast zu den Puffaltenärmeln, welche die jugendliche Weiblichkeit in der Blütezeit Little Edies hervorhoben. Die Farbpalette umfaßte Orange, Senfgelb, Blau und Violett. Am 15. Januar 2020 feierte die aus Kanada stammende und in Berlin tätige Modeschöpferin Jen Gilpin das zehnjährige Bestehen ihrer Marke „DSTM“. Tänzer des Berliner Tanzensembles „SICILIANO CONTEMPORARY BALLET“ führten nach einer Choreographie dessen Leiters Salvatore Siciliano die Kleidungsstücke vor. Kimonoroben und Strickroben waren sexy und doch funktional. Maßgeschneiderte Ledergeschirre kamen hinzu. Eine durchdachte geometrische Konstruktion machte die Stücke zur zweiten Haut. Fransen übernahmen die Bewegung des Körpers. Blau ergänzte die stets lässige und zeitlos schicke Signaturfarbe Schwarz.

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