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Óscar de la Renta fernab barocker Pracht

Die Mode als Gesamtkunstwerk

Zuneigung – zwei Mannequins vor der Modenschau „LEITMOTIV“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 10. Mai 2017
Die Marke „Oscar de la Renta“ gründete der Modeschöpfer Óscar de la Renta aus Santo Domingo in der Dominikanischen Republik in New York im Jahre 1966, nachdem er zunächst in Madrid und sodann in Paris tätig gewesen war. Nach dessen Tode im Jahre 2014 wurde der britische Modeschöpfer Peter Copping der kreative Leiter des Modehauses Oscar de la Renta LLC. Im Jahre 2016 übernahmen die amerikanischen Modeschöpfer Fernando Garcia und Laura Kim, die sich bereits mit ihrer gemeinsamen Marke „MONSE“ in New York einen Namen gemacht hatten, die Leitung.

Aus der Kollektion für den Herbst und Winter 2017/2018 wählte die North American Fur Auctions Inc. (NAFA), ein in Toronto in Kanada ansässiges Auktionshaus, zwei Modelle mit nordamerikanischen Fellen aus, um sie am 24. Februar 2017 auf der Veranstaltung „ITALIAN FUR FASHION NIGHT“ in der Militärschule Teulié in Mailand präsentieren zu lassen. Es handelte sich um schwarze Kurzmäntel mit unterschiedlichem weißem Gittermuster, wobei deren Ärmel zum einen schwarz-weiß gemustert und zum anderen burgunderrot waren. Ebenda zeigte der Modeschöpfer Diego Mazzi aus Lazise nahe Verona seine neue Kollektion. Für ihn sollte die Pelzträgerin elegant, temperamentvoll und feminin sein. Dank den warmen Details an den wertvollen Fellen kamen Manilagrün in verschiedenen Schattierungen und Pfirsichrot in mehreren Nuancen bei den molligen Daunenjacken mit innovativen Schnitten richtig zur Geltung. Glanz und Trübung wechselten sich zusätzlich ab. Ein anderes auffälliges Detail war das Spiel kontrastierender Scharniere.

Ausgangspunkt der neuen Kollektion der Marke „LEITMOTIV“ war der deutsche Dichter Eugen Berthold Friedrich Brecht alias Bertolt Brecht: „Alle Kunstformen sind im Dienste der größten aller Künste: die Kunst des Lebens.“ Die Bologneser Modeschöpfer Juan Caro und Fabio Sasso nahmen sich unter dem Motto „LEIT-BAROQUE“ nichts weniger vor, als ein modisches Gesamtkunstwerk zu erschaffen. Unter dem Schlagworte „Hyperdekorativismus“ hielten bei den Drucken die Arabeskenmotive die Blumenkaskaden zusammen. Neuinterpretationen der Toile‑de‑Jouy, die zwischen wirklicher und unwirklicher Welt schwebten, sowie feine und grobe Tartans mit Silhouetten von Hirschen in Intarsien kamen bei den Drucken hinzu. Zur Feier der Schönheit gab es auf Strickstücken aus Mischungen verschiedener Garne aus Merinowolle, Wollamé und Wollbouclé eine Überfülle dreidimensionaler, strukturierter Dekorationen, nämlich damasziert, beflockt oder in Jacquardmusterung. Sie eröffneten einen Dialog zwischen den verschiedenen Kunstformen, wie er seit der Barockzeit üblich war. Unter dem Schlagworte „Leit-Pop“ leuchteten die Farben mit starker, vibrierender Präsenz wie ein Juwel. Die dekorativen Elemente hoben sich vom Untergrunde in einer Deutlichkeit ab, die der barocken Hell-dunkel-Malerei und optischen Klarheit der Pop Art entsprach. Von Michelangelo Merisi alias Michelangelo da Caravaggio bis zu Andrej Warhola alias Andy Warhol reichte die kaleidoskopische Halluzination, die den Betrachter in ein anderes Reich führen sollte. Mit ihrer ganzen Kraft hauchten die dichten, vollen Farben den Drucken Leben ein, während ein kontinuierliches Farbspektrum die Damastdekorationen prägte und den Regenbogen als Wunder der Natur wiedergab.

Unter dem Schlagworte „natura naturans – natura naturata“ erschien die Kollektion wie eine Luftspiegelung barocker Gärten, in deren Mitte die Natur als Schöpfer triumphierte. Ganze Blumen, Blätter, Schmetterlinge und Seepferdchen als Motive so fein wie Pinselstriche trafen auf seltene Perlen und Edelsteine. Die Materie verwandelte sich in neue Juwelformen in Trompe‑l’œil-Art, wo das Bild innerhalb des Bildes lag. Die überraschende Verbindung entfernter Dinge sorgte für wunderbare Effekte; sie machten frei von herkömmlichen Denkschablonen und krönten mit frei fliegenden Schwalben die reichhaltige Pracht der Natur. Unter dem Schlagworte „Der bewundernswerte Körper“ flossen Asymmetrien, Transparenz, Enge und Lockerheit in virtuose Zusammenstellungen ein. An Mänteln und asymmetrischen, mit Rüschen besetzten Kleidern hingen Bischofsärmel. Nicht ganz bis zum Erreichen der Empirelinie hoch gegürtete Etuikleider mit Spitze hatten Tülloberteile. Krausen, Schlaufen, Rüschen, Galetten und Fransen brachen die Balance linearer und strukturierter Silhouetten auf. Décolletés und minder weite Ausschnitte standen für den Wechsel von Festkörpern und Hohlräumen. Ärmellose Stücke tauchten neben Stücken mit Glockenärmeln, kurzen Ärmeln und Dreiviertelärmeln auf. Die eigens für die Modenschau am 25. Februar 2017 im Palazzo Reale entworfenen und gefertigten Schuhe der Mailänder Marke „RACINE CARRÉE“ griffen die Drucke und Farben der Kleiderkollektion auf.

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