Alles Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde
Die Mode und die Spuren in der Geschichte
Güldenes Gewand – das Mannequin Natalie Kuckenburg vor der Modenschau „Guo Pei“ (Bild: Christian F. Janssen)
Jedes Kleidungsstück der am 22. Januar 2020 im Hôtel Potocki gezeigten Kollektion „FÉMININES SACRÉES“ erhob sich zu zeitloser magischer Eleganz. Aus Ehrfurcht vor dem Sonnengotte Re umgaben Umhänge oder Capes die Abendroben, die eine majestätische Schleppe sowie einen Ausschnitt an Brust oder Rücken hatten; Vergoldung und Kristalle strahlten für einen architektonischen Effekt, während Sonnenstrahlenfalten zinnoberrot oder pechschwarz waren. Fein mit Juwelen besetzte, funkelnde Brustplatten schmückten Kragen, um Gesicht und Halsausschnitt zu beleuchten. Sich den Körper entlang ziehende geometrische Motive belebten an der Taille gegürtete Netzcocktailkleider mit überkreuzten Ausschnitten, welche in Kombination mit Jacken samt graphischen Schulterpolstern Modernität brachten. An den Schultern fein geknotete und durch eine markierte Taille strukturierte Etuikleider samt Trägern zogen sich wie ein Roter Faden durch die Kollektion. Das Spiel mit der Undurchsichtigkeit und Transparenz ließ bei jeder Tracht Licht durchscheinen. Die altägyptische Symbolik gab der Kollektion eine mystische Note; so traten die Katze als Zeichen göttlicher Liebe, der Käfer als Inkarnation der Sonne und Fruchtbarkeit sowie die Lotusblume für Erneuerung auf. Brokat, Seidenduchessesatin, Seidentüll, Seidenmusselin und Lurex verbreiteten strahlende Eleganz. Für radikalem Luxus standen die an Edelsteine und Naturtöne gemahnenden elektrisierenden Farbtöne Zinnoberrot, Waldheckenkirschenrosa, Opalgrün, Türkis und Cyanblau.
Was ist Eleganz? Diese Frage führte den Pariser Modeschöpfer Franck Sorbier nach Mexiko. Er entdeckte die mexikanische Filmschauspielerin María de los Ángeles Félix Güereña (1914–2002), die Volkstracht und Couturekleidung mit viel Schmucke getragen sowie ihre eigene Mode mit völliger Freiheit und entwaffnender Natürlichkeit kreiert hatte. „Ist das nicht Haute Couture?“, erkannte Franck Sorbier sogleich. In ihren siebenundvierzigen Spielfilmen hatte die viermal verheiratete Tochter eines Yaqui-Indianers immer starke, stolze, hochmütige Frauen dargestellt, wozu sie einmal erklärt hatte: „Die Leute bewunderten meine Schönheit und meine Intelligenz, ich war nur eine Frau mit dem Herzen eines Mannes: ein Krieger.“ Mit dem Spitznamen „La Caballera“ hatte die ehemalige Schönheitskönigin ihrer Heimatprovinz Leidenschaft und Erotik verkörpert. Franck Sorbier hoffte auf die Rückkehr solch hypnotisierender Frauen, nach denen man schaute oder sich umdrehte. Unter dem Motto „Viva la Doña“ inszenierte er in der Veranstaltungsstätte „Garage Lubeck“ ein Spektakel mit Gesange, Tanz und Kunstreiterei. An der Aufführung, die sich um die Begriffe „corazón“, „amor“ und „muerte“ drehte, wirkten die italienische Schauspielerin und Tänzerin Antonella Recchia in der Rolle der berühmten Mexikanerin, der italienisch-französische Kunstreiter Marco Luraschi, Sohn des Stuntman Mario Luraschi, die französische Kunstreiterin Clémence Faivre-Luraschi, der französische Bariton Marc Scoffoni und der französische Flamencogitarrist Jean-Baptiste Marino mit. Es verstand sich von selbst, daß die Kollektion mexikanisch anmutende Trachten beinhaltete.
Die legendären Schönheiten der 1960er Jahre, beispielsweise die französische Schauspielerin Catherine Fabienne Deneuve, die britisch-niederländische Schauspielerin Audrey Kathleen Hepburn, die amerikanische Journalistin und Verlagslektorin Jacqueline Lee Bouvier Kennedy Onassis sowie die amerikanische Innenarchitektin, Schauspielerin und Autorin Caroline Lee Radziwill, hatten die Moskauer Modeschöpferin Yulia Yanina nach der Devise „Rebellischer Geist unter bürgerlichen Klassikern“ zu einer gewagten Kollektion inspiriert. Der Einsatz von Blumen und das Spiel mit Farben ergänzten den bisherigen Schwarz-Weiß-Stil. Der Schnitt war keusch und unverschämt, klassisch und kühn zugleich. Overalls und Fransen ließen einen an die amerikanische Schauspielerin und Bürgerrechtlerin Jane Seymour Fonda sowie an die amerikanische Sängerin und Schauspielerin Cherilyn Sarkisian alias Cher denken, wohingegen Kleider in Minilänge mit den britischen Mannequins Dame Lesley Lawson alias Twiggy und Jean Rosemary Shrimpton assoziiert werden konnten. Schwarze Kleider mit der charakteristischen Stickerei waren im Museum der Dekorativen Künste auch zu sehen.
Unter dem Motto „Atlantis“ befaßte sich der Beiruter Modeschöpfer Ziad Nakad mit dem mythischen Inselreiche gleichen Namens, dessen Idee von einer fortschrittlichen, utopischen Gesellschaft mit Weisheit für den Weltfrieden Träumer, Okkultisten und „New Agers“ seit Generationen gefesselt hatte. Ziad Nakad stellte sich eine moderne Kriegerfürstin, wild, weich, entschlossen, erfindungsreich und mitfühlend, vor. Tüll, Seide und Taft, mit Organza und Mussselin gemischt, betonten die Silhouetten von Meerjungfrauen, die wie das Meer flossen. Kristalle, Kunstperlen, Federn und alle handgefertigten Details unterstützten es. Blau, Meergrün, Sonnengelb, Pfirsichrot und Gold schienen hell wie die Sonne. Die im Hotel „
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