MODE UND KULTUR

Leinen los und volle Kraft voraus!

Mode für Kreuzfahrt und Gartenparty

Bereit zum Ablegen – das Mannequin Zhenya Katava vor der Modenschau „ELISABETTA FRANCHI“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 7. November 2019
Ein Faible fürs Segeln hat die Modeschöpferin Elisabetta Franchi aus Granarolo dell’Emilia nahe Bologna; so hatte sie einen ganzen Sommer auf einem Boote verbracht. Zur Präsentation der Prêt‑à‑porter-Kollektion für den Frühling und Sommer 2020 verwandelte sie am 20. September 2019 den Laufsteg des Zeltes im Hofe der Militärschule Teulié in Mailand ins Oberdeck einer Jacht, um die Gäste auf eine glamouröse Kreuzfahrt übers Mittelmeer mitzunehmen.

Elisabetta Franchi setzte die von ihr geschätzten einfachen nautischen Elemente wie Anker und Matrosenstreifen in weiblicher Weise um. Ein Matrosenkleid samt Paillettenkragen und eine Badekappe Stile der 1960er Jahre waren ein Blickfang. In Streifen aufgestickte Strass-Steine an Abendkleidern ähnelten Schiffer- beziehungsweise Seemannsknoten. Kunstperlen taten ein übriges. Kordeln hielten die Taschen eines Trenchcoats und eines Shorts zusammen. Manchmal liefen Kleider und Röcke in Mikrolänge unten in Fransen aus. Weiße Jacken, Blazer und Kurzmäntel glichen Seemannsuniformen. In diesem Sinne hatten hochtaillierte Hosen goldene Knöpfe. Für einen marineblauen Pullover war der Anker ein ideales Motiv. Ankerketten tauchten als Motiv beispielsweise an einem weißen, ärmellosen Top zu einem grasgrünen, bodenlangen Kleide auf. Ein blau-rot-weiß schräggestreifter, bodenlanger Rock und eine Jeansjacke bildeten eine erfrischende Kombination für mancherlei Brise. Ein mittelblauer Badeanzug war überaus sexy, denn er war nicht nur knapp bemessen, sondern er wies auch auf Höhe jeder Brust – wohl zu deren Hervorhebung – einen aufgedruckten rot-weißen Rettungsring auf; ein um den Kopf gewickeltes weißes Badetuch verstand sich da von selbst. Kettengürtel mit winzigen Ankeranhängern fehlten auch nicht. Schiffermützen vervollständigten die Kollektion.

Die Mailänder Modeschöpferinnen Luisa Beccaria und Lucilla Bonaccorsi stellten sich eine geschickte Badmintonspielerin auf einer Gartenparty in einem sonnigen Parke vor, wo weiße Tuche im Winde wehten. Am 19. September 2019 veranschaulichten sie im Hofe der Villa Reale unter dem Motto „Garden games“ den alltäglichen Kampf um Eleganz. Für den grünen Grund eigneten sich weiche Hosen zu Strickstücken oder Blusen samt dreiviertellangen Ärmeln und Außentaschen. Als Ergebnis einer Texturstudie an makelloser Bettwäsche und Baumwolle bereicherte sonnenartige oder korollaartige Lochstickerei (San‑Gallo‑Stickerei) Kleider samt asymmetrischem Rocke, die zu langen Buschjacken paßten. Gartenblumen und Kräuter waren die Motive der Stoffdrucke an schulterfreien Kleidern und leichten Hemdkleidern; sogar als Details tauchten sie an Kleidern samt breiten Ärmeln aus Organdy auf. Das Spiel brachte zwei Seiten zusammen. Einerseits existierten gänzlich weiße Lösungen; andererseits schien weißer Baumwoll‑Fil‑Coupé mit winzigen hellblauen Bändern beschriftet zu sein. Leinen war ein weiterer Stoff. Spitze, Volants, Plissee und Falten dienten zur Ausschmückung. Halsausschnitte in runder und amerikanischer Form standen für einen sportlichen Stil. Große Volumen und „A“‑Linien bedingten eine klare Silhouette. Das Sonnenlicht bestimmte die Farbpalette: reines Weiß, Cremeweiß, Eierschalenweiß (Ecru), Rosa, Himmelblau, Kornblumenblau und Indigoblau. Weiche Slipper aus einer Zusammenarbeit mit den Machern bei der italienischen Marke „VİBİVENEZİA“ bedeckten die Füße.

Am 20. September 2019 zeigte die Mailänder Modeschöpferin Carolina Castiglioni im eigenen Atelier, wie Mode etablierte Regeln brechen und ein mächtiges Werkzeug zur Selbstdarstellung werden konnte. An Jacken, Westen und Kleidern mit ecru-schwarzen Graphiken traf Canvas auf ökologisches Leder. Der weibliche Überschwang von Volantröcken in Maxilänge milderte die minimale Strenge von Blazern. Bedruckte Blusen mit naiven Stoffdrucken staken in Hosen samt Taillenpartie in Form einer Papiertüte. Die Welt des „Vintage“-Sportes beeinflußte die Farbblöcke und Silhouetten gestrickter Polohemden und weiter Strickjacken mit taktilem Charme sowie von Polokleidern. Helle Karomuster und sommerliche Längsstreifen fanden Platz neben überall vorhandenen, festlichen Pflanzendrucken, die sich an Jumpsuits aus Viskose in Maxilänge und an Kleidern aus Seidenorganza befanden. Seidenorganza war ein extravaganter Futterstoff von Trenchcoats. Jadegrüne Hosenanzüge sahen maskulin aus, wohingegen mit Tupfen, Farbblöcken oder Glanzeffekten versehene Kutten in Maxilänge die feminine Seite der Marke „PLAN C“ darstellten. Carolina Castiglionis Tochter Margherita und deren Freundin Bianca, auf einer Bank sitzend und auf ihren Schwimmkurs wartend, waren das Motiv eines glänzenden Druckes, welcher die Aufmerksamkeit auf sich zog. Plissees und Fransen waren weiterer Zierrat. Neue Handtaschenmodelle, und zwar bedruckte Schultertaschen mit Tunnelzuge, Tornister mit Farbblöcken, Rucksäcke und henkellose Handtaschen aus ökologischem Leder, ergänzten den Klassiker aus beschichtetem Canvas.

Der auf Pelze spezialisierte Modeschöpfer Maurizio Braschi aus Rovereta in San Marino stellte am 19. September 2019 die Sonderkollektion „BOHEMIAN RAPSO-CHIC“ im eigenen Mailänder Schauraume vor. Die Couturestücke im Bohème-Stile sollten die Seele einer „Luxuszigeunerin“ beflügeln, um sich von der Masse abzuheben. Der aristokratische Chic des dritten Jahrtausends sollte von Natur aus sinnlich und verführerisch sein. Neben Bomberjacken reichten Pelzmäntel bis zum Knöchel oder Knie. Nerzfell wurde mit Zobel- oder Fuchsfelle zusammengefügt. Langhaariges Luchsfell und farbenfrohes Chinchillafell kamen mit Fuchsfelle im Geiste der 1970er Jahre zusammen. Gefleckte Tierfelle kamen ebenfalls vor. Taft, Seide und Wolle ergänzten die Felle. Besätze waren obendrein ein Mittel zur Zier.

Weitere Bilder