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Die Heulsuse

Die Mode und der eucharistische Fisch

An der Tür vorbei – die Modenschau „JOHN GALLIANO“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 20. November 2017
Es ist durchaus sonderbar, wenn eine angesehene und berühmte Modemarke ein Schattendasein insoweit fristet, als das Publikum mehr aus bedeutungslosen, selbstverliebten „Influencern“, denn aus wirklich einflußreichen, fachkundigen Modejournalisten besteht. So verhielt es sich leider bei der Modenschau der Pariser Marke „JOHN GALLIANO“ im Hôtel de Marois am 1. Oktober 2017, obschon der britische Modeschöpfer Bill Gaytten als kreativer Kopf seit dem Abgange des britischen Modeschöpfers John Galliano im Jahre 2011 schiere Schaffenskraft, freche Dessins und wilde Textilien miteinander verband.

Nunmehr kreisten Bill Gayttens Gedanken um die Filmkomödie „Cry-Baby“ des amerikanischen Regisseurs John Waters aus dem Jahre 1990; es ging um die altbekannte Geschichte einer Romanze zwischen einer guten Maid und einem bösen Jungen. Dies blieb nicht ohne Auswirkung auf die Prêt‑à‑porter-Kollektion für den Frühling und Sommer 2018. Unter dem Motto „Hip-to-be-square“ beherrschten viereckige Ballkleider und drapierte Teddyboyanzüge im Rockabilly-Stile sowie romantische Schlupfkleider aus Seide die Kollektion. Bill Gaytten faßte überdies militärische Ästhetik, traditionelle Paßform, Blumenstickerei und Leopardenmuster zusammen. Am auffälligsten war ein dreiteiliges Ensemble mit einer geblümten Tarnjacke, einer dazu passenden Bluse und einer Hose. Daneben erschienen Tops mit Stoffdrucke in Leopardengestalt, Souvenirjacken mit graphischer Stickerei und seidene Sportmäntel. Voluminöse Bustierkleider mit Rüschen in leuchtenden Bonbonfarben zu Schnallenstiefeln, um Tragetaschen ergänzt, verlangten eine lässige Trageweise. Der Kittenabsatz der Schuhe war jedoch für manche Trägerin ein Wagnis. Im Gegensatze dazu standen die Zartheit der Dessouskleider in Minilänge und die Durchsichtigkeit bestimmter Stücke. Die Farbpalette umfaßte Blau, Gelb, Rosa, Weiß und Schwarz. Die Frisuren der androgynen Aufmachung ließen an den amerikanischen Schauspieler Johnny Depp im besagten Filmwerke denken.

Der Pariser Modeschöpfer Rabih Kayrouz aus dem Libanon zeigte seine Kollektion „MANUEL #2“ mit herzhaft handgefertigten Kleidungsstücken im eigenen Atelier. Die Hauptrolle hatte ein Fisch, und zwar in einer dem urchristlichen Symbole und frühchristlichen Bildmotive ähnlichen, stilisierten Gestalt als Stickereimotiv „Bling Fish“. Zum einen war dieses Motiv als Fadenstickerei auf mourantblauer Baumwollpopeline vorhanden, was für eine Abaja, für ein ärmelloses Hemdchen zu einer Pyjamahose aus Perlbaumwolle und für ein Kleid mit Plastron zu einem gelben, gewachsten Trenchcoat galt. Zum anderen bestand das Motiv aus Strass-Steinen auf Baumwollkreppe, was auf schwarze Kleider, auf ein ekrü Hemdkleid, auf ein ekrü Kleid zu einem gelben, gewachsten Trenchcoat und auf ein Top als Teil einer Kombination aus ekrü Baumwollkreppe, die noch einen Spenzer und eine Pyjamahose umfaßte, zutraf. Die Fallschirmform kam bei Kleidern und Tops vor. Ein Trägerkleid aus Charmeuse war entweder einfarbig, nämlich kobaltblau oder schockrosa, oder zweifarbig, nämlich kobaltblau-schwarz oder ekrü-schockrosa; bei langen Varianten waren Charmeuse und Baumwollkrepp schwarz, wobei einmal ein Gürtel mit eingearbeiteten Strass-Steinen das Kleid am Körper hielt. Zu einem Trägertop aus ekrü Charmeuse paßte eine Pyjamahose aus ekrü Baumwollkreppe. Strass-Steine befanden sich auch an den Ärmeln eines Mantels aus schwarzem Baumwollkreppe. Charmeuse war der Stoff für eine Smokbluse und eine Pyjamahose als Paar, mal kobaltblau, mal schockrosa. Eine weitere Kombination setzte sich aus einer Bluse mit Plastron und einer Pyjamahose aus mourantblauer Baumwollpopeline zusammen. Überhaupt waren alle Pyjamahosen ausstaffiert. Schwarzer Baumwollkrepp wies Stickereien bei einem weiteren langen Kleide auf. Den Sonnenbrillen lag eine Zusammenarbeit mit den Machern der Pariser Marke „REVEL PARIS“ zugrunde.

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