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Biß zur Abenddämmerung

Mode aus Rumänien in Paris

Herrschaftliches Ambiente – Mannequins vor der Modenschau „CATALIN BOTEZATU“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 15. November 2017
Wozu gibt es diplomatische Vertretungen? Es gilt, das eigene Land in der Fremde zu repräsentieren. Am besten tut man es als sogenannter Kulturbotschafter. In einer Modewoche liegt es dann nahe, den heimischen Modeschöpfern eine Plattform zur Verfügung zu stellen, um sich mit den eigenen Werken vorzustellen. So begab es sich am 27. September 2017, daß die Rumänen sozusagen in Paris einfielen. Im Palais de Béhague als Residenz des Botschafters von Rumänien in der Französischen Republik gab es eine Veranstaltung mit gleich mehreren Modenschauen. Zu sehen war eine Kollektion der Marken „CARMEN ORMENISAN“, „CATALIN BOTEZATU“, „CRISTALLINI“, „cristian samfira“, „elena perseil“, „MIAU by CLARA ROTESCU“, „Ludmila Corlateanu“ und „Rhea Costa“. S. Exz. Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter Luca Niculescu bewies Sitzvermögen, denn es wurde ein langer Abend …

Die Prêt‑à‑porter-Kollektion für den Frühling und Sommer 2018, welche der Pariser Modeschöpfer Christophe Guillarmé im Laden und Restaurant „l'atelier RENAULT“ in der Nähe des Triumphbogens zeigte, war eine Hommage ans goldene Zeitalter Hollywoods. Die Protagonistin der Kollektion „Norma Jeane“ mit Ecken und Kanten war die amerikanische Schauspielerin Marilyn Monroe als Muse des amerikanischen Künstlers Andrew Warhola alias Andy Warhol, doch unter ihrem richtigen Namen: Norma Jeane Baker beziehungsweise Norma Jeane Mortenson. Der im Horror-Thriller-Genre angesiedelte Spielfilm „NEON DEMON“ des dänischen Filmregisseurs und Drehbuchautors Nicolas Winding Rfen aus dem Jahre 2016, den amerikanischen Traum mit Sarkasmus darstellend, und die fluoreszierenden Neonarbeiten des amerikanischen Lichtinstallationskünstlers Daniel Nicholas Flavin alias Dan Flavin hatten gleichfalls einen Einfluß auf die Kollektion. Im Stile der Pop Art erschienen die Farbtöne, namentlich schockierendes Rosa in Stoffdrucken mit stilisierten Rosen, Neongelb auf Seidenchiffon, Türkisblau unter gedruckten Blütenblättern und Rot in mit Sternen besetzter Stickerei. Daneben war Gold in durchsichtiger Version oder als Kristallsteinapplikation überall. In der Art einer Meerjungfrau erschien ein trägerloses Kleid. Einen Sabrina-Ausschnitt hatte ein Kleid in „Retro“-Manier. Ein Kleid mit Pin‑up‑Attitüde erinnerte des amerikanischen Fetisch- und Aktmodelles Bettie Mae Page.

„Krank, aber voller Träume,“ so beschrieb der Modeschöpfer Francisco Terra die der neuen Kollektion der Pariser Marke „NEITH NYER“ zugrunde liegende Stimmung. Er lud die Besucher der Veranstaltungsstätte „Fondation Eugène Napoléon“ ein, Zeit mit einer Maid zu verbringen, die kurz vor dem Tode stand. Unter dem Motto „Farewell my sister“ würdigte er seine im Alter von achtzehnen Jahren verstorbene Schwester, indem er die Atmosphäre ihres Schlafzimmers als Ortes des Friedens und der Melancholie heraufbeschwor. Die Kollektion sollte den süßen Überfluß – überall zwischen Trockenblumen Kissen zum Ausruhen und Kuscheln – widerspiegeln. Die Silhouette der meisten Kleidungsstücke ging auf den Charakter „Miss Petticoat“ zurück, wobei diese kindliche Figur so verdreht war, daß sie wie eine Erwachsene wirkte. Rüschen und Raffungen dienten zur Verführung. Röcke bestanden aus versengtem Lammfelle. Kleinkindliche Bodysuits hatten suggestive Graphikdrucke. Leuchtende Farben verstärkten alle Bezugnahmen auf das Landleben. Die in Zusammenarbeit mit den Machern der Münchener Schuhmarke „NEW ROCK“ entwickelten Santiagstiefel waren zugleich gefranst, bestickt, mit Spitzenbändern bespannt und mit Klettverschlusse versehen. Die für Mäntel und Kleider verwandten Materialien wie Spitze und Polyvinylchlorid (PVC) ließen an heimische Tischdecken denken. Der Flirt mit den Grenzen der Vulgarität geschah nicht ohne Absicht. Ebenso hatte die kitschige Symbolik der Blumen und Schmetterlinge bei Stoffdrucken und Applikationsdetails ihren Grund. Für Francisco Terra war die Kollektion eine spielerische Ode an das Leben.

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