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Wie Charles Augustus Lindbergh, Jr., quer über den Atlantik

Mode verbindet New York und Paris

Strick um den Hals – ein Mannequin vor der Modenschau „SUPIMA DESIGN COMPETITION 2017“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 14. November 2017
In New York gibt es für junge Modeschöpfer alljährlich den Wettbewerb „SUPIMA DESIGN COMPETITION“. Veranstalterin ist die nicht auf Gewinnerzielung ausgerichtete Vereinigung „SUPIMA“ aus Tempe in Arizona, deren Aufgabe es in erster Linie ist, die amerikanische Pimabaumwolle weltweit zu bewerben. Aufs neue, und zwar zum dritten Male, hatte die Modemetropole Paris das Glück, daß sich Sieger und übrige Finalisten auch da vorstellten.

Diesmal handelte es sich um die Teilnehmer des Jahrganges 2017, deren Kollektionen bereits am 7. September 2017 in New York zu sehen gewesen waren. Absolventen siebener Modeschulen in den Vereinigten Staaten von Amerika hatten je eine Sonderkollektion mit Abendkleidern aus den „SUPIMA“-Baumwollstoffen entwerfen müssen. Als Siegerin hatte sich Alyssa Wardrop, eine Absolventin des Fashion Institute of Technology in New York, über die Prämie in Höhe von 10.000 Dollar freuen dürfen. Die übrigen Finalisten waren Abigail Griswold von der Rhode Island School of Design in Providence, Elizabeth Hennessey alias Nancy Hennessey vom Fashion Institute of Design & Merchandising in Los Angeles, San Francisco und San Diego, Sarah Johnson von der Kent State University in Kent in Ohio, Margaret Kwon von der Parsons New School in New York, Alexandra Pijut vom Savannah College of Art und Design in Atlanta in Georgia sowie Lela Thompson von der Drexel University Philadelphia in Pennsylvania. Am 26. September 2017 wurde in Paris zugleich das zehnte Jubiläum des Wettbewerbes gefeiert. Zur Herrichtung des Laufsteges im Petit Palais war eigens ein Baumwollgarten aus den Vereinigten Staaten von Amerika eingeflogen worden.

Am 27. September 2017 präsentierte die Modeschöpferin Anais Mak die Prêt‑à‑porter-Kollektion für den Frühling und Sommer 2018 ihrer in Hong Kong beheimateten Marke „JOURDEN“ in der überdachten Ladenpassage namens Galerie Colbert. Auf der Suche nach „richtiger“ Weiblichkeit spielte sie mit Schärfe und Transparenz. Für eine visuelle Erregung lagen Netz- und Spitzenstoffe in verschieden gemusterten Schichten nebeneinander. Die glatte, glänzende Oberfläche schwarz lackierter oder silbern gestreifter Spitze an schräg geschnittenen Röcken mit zusätzlichen seitlichen Stoffbahnen, an scharf geschnittenen Jacken und an verkürzten Blusen wirkte absichtlich fetischistisch. Zu solchen Jacken und Blusen paßten Shorts in Becherform mit einem kindlichen Stoffdrucke in Gestalt eines blauen Seesternes und mit unschuldigen Blumenverzierungen. Hemdstoff, der als schlichter, weißer oder schwarzer Baumwollpopeline vorkam, war das Material für einfache Blusen oder schulterfreie Kleider samt Spaghettiträgern und Puffärmeln, wobei dünne elastische Bänder deren Volumen verankerten. Neu war Anais Maks Ausflug ins Gebiet der Herrenschneiderei, wo sie abermals auf den Gedanken einer verdrehten Formalität stieß. Die zweireihigen Jacketts aus Stoffen wie bei den übrigen Stücken der Kollektion ließen sich mit Shorts für eine witzige Variante erwachsener Aufmachung kombinieren.

In einem Pariser Appartement zeigten die japanische Modeschöpferin Mao Usami und die schwedische Modeschöpferin Alve Lagercrantz die zweite Kollektion ihrer in Schanghai beheimateten Marke „SIRLOIN“. Man ging an den Strand, um einen perfekten Urlaub zu verbringen, denn Miami selbst war immer besser als eine Postkarte! In der Kollektion „PAM SRPNIG“ – eine Verballhornung des Ortsnamens Palm Springs – ging es um „geographische Machtverschiebungen“, das heißt darum, wie China den amerikanischen Wohlstand in den 1990er Jahren widerspiegelte und zum neuen Lande der Möglichkeiten – schnellstes Geld, heißeste Küken, größte Mißerfolge – wurde. Einige amerikanische Fernsehserien wie „MIAMI VICE“ und „BAYWATCH“ hatten einen Bezug zu Chinas „Tu Hao“-Kultur – ein Begriff mit der Bedeutung „neureich“ – gehabt. Für die beiden Modeschöpferinnen war dies das Epizentrum eines schmelzenden Konsumententraumes mit einer Repräsentation durch Statussymbole. In der Kollektion verschmolzen dann die Gegensätze. Leichter Twist traf auf maßgeschneiderte Smokingjacken für ein ganztägiges Sonnenbad am Schwimmbecken; der Taillenbund verwandelte sich in Höschensäume. Warum war ein Badeanzug kein Anzug? Was machte der Eiffelturm in China? Mao Usami und Alve Lagercrantz klärten die Besucher auf.

Der aus Kalifornien stammende und in Paris ansässige Modeschöpfer Quoï Alexander, der zunächst Bildende Kunst an der Idyllwild Arts Academy in Idyllwild in Kalifornien und sodann Modedesign für Damenbekleidung an der Central Saint Martins University of the Arts London studiert hatte, befaßte sich damit, wie sich Kleidung ohne jegliches Nähen fertigen ließ. In der Veranstaltungsstätte „Atelier Richelieu“ stellte er im Rahmen der Veranstaltung „designers apartment“ seine neue Kollektion vor. Silikonelastomer, mit Baumwolltülle, Canvas und Leder verbunden sowie dann mit Metalle punktiert, brachte eine ungenähte, also nahtlose Konstruktion hervor. Handzeichnungen abstrakter Art auf Papier waren als laminierte Drucke an den Kleidungsstücken befestigt. Schuhe und Tragetaschen bestanden aus Leder, Gummi und Ponyhaut, und zwar in zusammengeklebtem Zustande, um kleine architektonische Stücke mit einem Fokus auf Verschlüsse und Veredelungen zu bilden.

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