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Ein bißchen Spaß muß sein

Mehr Orientalische Mode in Paris

Blumenkinder – das Mannequin Tilde Sather selbander nach der Modenschau „IMANE AYISSI“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 10. August 2017
Kollektionen werden – so ist es eine weltweite Gepflogenheit – in einem festen saisonalen Rhythmus präsentiert. Infolgedessen gab es für die Couturekollektionen für den Herbst und Winter 2017/2018 die Pariser Modewoche im Juli 2017, wohingegen die Modewoche im Januare 2018 den Couturekollektionen für den Frühling und Sommer 2018 vorbehalten war. Die Prêt‑à‑porter-Kollektionen für den Frühling und Sommer 2018 werden erst in den verschiedenen Modewochen im September und Oktober 2017 an der Reihe sein. Aus dem Takte geriet der Pariser Modeschöpfer Imane Ayissi insoweit, als er seine gemischte Kollektion für den Frühling und Sommer 2018 schon am 6. Juli 2017 in der Veranstaltungsstätte „Salons MARCEAU“ zeigte.

Der Kollektionsname „HEROES“ reimte sich nicht ohne Grund auf den Namen des matriarchalischen Volkes der Hereros in Namibia. Das Buch „Conflict and Costume“ des britischen Photographen Jim Naughten aus dem Jahre 2013 bewog Imane Ayissi, sich mit der leidvollen Geschichte dieses Volkes während der deutschen Kolonialherrschaft zu befassen. Als Folge dieser tragischen Epoche trugen die weiblichen Hereros Kleider mit Empiretaillen und Hammelkeulenärmeln sowie Röcke mit vielen zierlichen, scharfen Falten, was unglaubliche Silhouetten hervorbrachte. Für Imane Ayissi war es ein Ausdruck der Stärke, das erlittene Leid durch neue Kleidung in lebendigen Farben überwunden zu haben. Da auch Opfer Helden sein konnten, indem sie trotz widriger Umstände in der Vergangenheit für sich eine Zukunft aufbauten, wollte Imane Ayissi die „afrikanischen Superhelden“ mit seinen gewagten Couturekleidern ehren. Die ganze menschliche Existenz war für ihn bloß ein Flickwerk. In Anlehnung an die aus Stoffresten zusammengenähten Kleider der Hereros ergaben in der Kollektion zweihundertvierunddreißig Stoffstücke, nach fast zweien Wochen für Schnitt und Montage, einen einzigen Rock. Somit erhielten die Stoffe ein zweites Leben. Für einige Kleidungsstücke stammten die Farbstoffe und Drucke aus Kamerun oder aus China. Zur Prêt‑à‑porter-Kleidung zählten farbenfrohe T‑Shirts und Jeanshosen und auch ein schwarzes, kleines Kleid. Imane Ayissi hatte sichtlich Spaß.

Als krönender Abschluß der Couturewoche wurde die Wiedereröffnung des Hotels „CRILLON“ gefeiert. Die dortige Veranstaltung „ORIENTAL FASHION SHOW PARIS“ – es handelte sich seit dem Jahre 2004 um die zwanzigste ihrer Art – beinhaltete sieben Modenschauen, auf zwei Termine verteilt, wo orientalische Modeschöpfer ihre Couturekollektion für den Herbst und Winter 2017/2018 vorstellten. Die Modeschöpferin Hadia Benjelloun aus Marokko nahm sich des marokkanischen Kaftanes an und variierte ihn mit Farbexplosionen, ohne die Tradition zu verraten. Ein Hauch Exzentrizität basierte auf altem Handwerke. Die Spezialität der Modeschöpferin Rasha Al Wazan, die im Jahre 2004 mit ihrer ersten Boutique in Kuweit angefangen hatte und nunmehr dort drei betrieb, waren Jumpsuits und Umhänge in Kombination. Folklore und Moderne vereinte am liebsten der Modeschöpfer Sergey Shabunin aus Kasachstan, der seine Marke „SS“ im Jahre 2004 gegründet hatte. Diesmal waren römisch-katholische Kathedralen mit ihren Buntglasfenstern seine Inspiration. Stickerei mit Kristallen, künstlichen Perlen und mehrfarbigem Glase auf Stoffen in helle Farbtönen erzeugte die Illusion verspielter Sonnenstrahlen in gemusterten Fenstern, während Stickerei mit goldenem Faden Altardekors ähnelte. Arkaden und Strebepfeiler einer Basilika gaben die Formen der Kleider und Röcke wieder.

Eine Vielfalt gut kalibrierter Farben, ein Zusammentreffen verschieden texturierter Materialien an einem Kleidungsstücke, eine künstliche Alterung der Stoffe, handgefertigte Gestricke und eigene Drucke kennzeichneten Sergey Shabunins Entwürfe. Der Modeschöpfer Albert Oiknine aus Marokko flirtete gerne mit neuen Trends. Prächtige Drucke, transparente Spitze sowie schimmernde Stickereien mit Perlen und Kristallen machten seine Kaftans zu authentischen Kunstwerken. Seit dem Jahre 1998 ließ sich die Modeschöpferin Fakhriya Khalafova aus Aserbaidschan vom reichen Erbe ihres Landes anregen. Um Volkstrachten in zeitgenössische Bekleidung umzuwandeln, vermengte sie klassische und moderne Stile. Für die Gestaltung traditioneller Kaftans nach modernsten Modekriterien lautete die Devise der Modeschöpferin Bouchra Filali aus Marokko: „Eleganz & Authentizität“. Die aufwendigsten Stücke waren jedoch ihre Hochzeitskleider, die einen „Freudentaumel“ auslösen sollten. Der aus Marokko stammende und seit dem Jahre 2012 in Kuweit tätige Modeschöpfer Saad Ouadrassi wirkte neuerdings auch in Paris, um seinen Stil zu verfeinern, das heißt um eleganter und raffinierter zu werden. Dank leichter Materialien und anspruchsvoller Formen drückten die feenhaften Kleider Sinnlichkeit und Charakter einer modernen Frau aus.

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