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Stickerei unter Camouflage

Mode 2.0

Auf anderes fixiert – die Mannequins Hannare Blaauboer und Inka Colliander vor der Modenschau „TALBOT RUNHOF“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 22. Mai 2017
Wenngleich sich der Berliner Modeschöpfer Wolfgang Joop mit seiner Marke „WUNDERKIND“ für die Modepräsentationen längst von Paris weg nach Mailand abgesetzt hatte, hielten die Münchener Modeschöpfer Johnny Talbot und Adrian Runhof an Paris als Präsentationsstandorte fest. Ihre Kollektion für den Herbst und Winter 2017/2018 präsentierten sie eben am 4. März 2017 im Hotel „THE WESTIN PARIS“, genau gesagt in dessen Salon Impérial.

Unter dem Motto „lie to me“ war Doppelseidensatin das vorherrschende Material, was sich an einem weißen Bustierkleide, einem scharlachroten Kleide, einem bordeauxroten Kleide, einer völlig schwarzen Robe, einer schwarz-elfenbeinweißen Robe samt einem schwarzen netzartigen Unterrocke und einer bestickten Robe in der Färbung eines schwarzen, elfenbeinweißen und jadegrünen Flickwerkes zeigte. Aus Doppelseidensatin waren ebenfalls ein schwarz-elfenbeinweißes Überkleid, unter dem ein schwarzes Samtkleid und darunter wiederum eine schwarze Samthose getragen wurden, sowie eine schwarz-orange Robe in Kombination mit einer schwarzen Samthose. Schwarz war überhaupt die dominante Farbe. Ein rückenfreier Overall, dessen Materialien Jersey und Samt waren, war gänzlich schwarz, was ebenso für ein Wickelkleid aus Jersey, ein Minikleid aus Seidensamte sowie einen Mantel aus Baumwollsamte und Seidensatin galt. Ein anderes, wichtiges Material war Jacquardstoff in abgenutzter Camouflageoptik mit zusätzlichen Stickereien. In roter Tönung kam er sowohl bei einem Kampfoverall als auch bei einem Parka und einer Kampfhose in Paarung vor. In olivgrüner Tönung tauchte er an einem Kampfanzuge, einer Robe und einem Kleide sowie an einer Kampfhose zu einem rein schwarzen Top aus Samte und Seidensatin mit unordentlichen Schleifen auf. Dies traf auch auf eine Kampfhose zu, die mit einem schwarzen Mantel aus Baumwollsamte und einem samtenen Rollkragentop samt Pailletten-Guipure-Stickerei kombiniert wurde.

Die Pailletten-Guipure-Stickerei aus dem Hause „JAKOB SCHLAEPFER“ in St. Gallen war ein wesentliches Element der Ausschmückung. Unterhalb eines schwarzen Samttops mit einem Besatze aus einer solchen Stickerei erschien ein Rock mit gleicher Stickerei. Eine schwarze samtene Netzrobe war gleicherweise bestickt. Eine Kombination bildeten ein derart besticktes Samttop und eine ebenso bestickte Samthose. Über einem bestickten Samtkleide lag ein schwarzes Netzcape. Es gab überdies eine Pailletten-Guipure-Stickerei, an der Moll beziehungsweise Molton beteiligt war. Eine schwarze Robe und ein rückenfreies Kleid waren so bestickt. Einen Besatz aus einer solchen, schwarzen Stickerei hatten ein schwarzes Samtkleid und ein roter samtener Bustieroverall. Strass-Steine schmückten hingegen das Rockteil eines orange Samtkleides. Ein weiteres, wichtiges Material war Jersey wie bei einer schwarz-roten Robe. Beachtlich waren noch die Paarungen aus Jerseyshirts und Shorts aus doppeltem Seidenduchessesatin. So wurde das schwarze Shirt mit dem Schriftzuge „lie to me“ mit orange Shorts gepaart. Das Shirt mit dem Schriftzuge „unpresidented“ und die zugehörigen Shorts waren schwarz, das Shirt mit dem Schriftzuge „persist“ und die Shorts waren bordeauxrot, das Shirt mit dem Schriftzuge „sad!“ und die Shorts waren jadegrün. Die Strümpfe stammten von der in Schmallenberg im Sauerlande beheimateten Marke „FALKE“, während die Schuhe, vornehmlich Samtslipper, von der Münchener Marke „UNÜTZER VENICE“ kamen. Die Brillen hatten Johnny Talbot und Adrian Runhof selbst gestaltet. Die Frisuren verantwortete übrigens der deutsche Friseur Alexander Dinter, der derzeitige kreative Leiter der Pariser Haarpflege- und Kosmetikmarke „LA BIOSTHETIQUE“.

Das Institut der Arabischen Welt war die Stätte, wo die Pariser Modeschöpferin Katia Bumba die neue Kollektion ihrer im Jahre 2014 gegründeten Marke „KATE BEE“ zeigte. Unter dem Motto „Society 2.0“ ging es um eine Frau einer freien Generation, die als Außenseiterin auf Technologie schwörte und ihre Epoche revolutionierte, was wiederum ihren Kleidungsstil revolutionierte. Auf das Ideal der „Frau 2.0“ stimmte Katia Bumba die Auswahl der Materialien und die Wahl des Schnittes ab. Latex, metallische Farbtöne und asymmetrische Schnitte gaben der Kollektion einen futuristischen Einschlag, was den Roten Teppich in Cannes als zusätzliche Inspiration nicht ausschloß. Bei den verschiedenen Aufmachungen wurden soziale Fragen wie Industrialisierung, Automatisierung, Globalisierung, Naturzerstörung, Gleichstellung der Geschlechter und falsche Identitäten thematisiert.

Die neue Brillenkollektion der im Jahre 1921 in Oyonnax in den französischen Alpen gegründeten, im Jahre 2013 wiederbelebten und seither in Tokio heimischen Marke „MAP MAX PITTION“ wurde im Hotel „MANDARIN ORIENTAL PARIS“ vorgestellt. Rebellischer Esprit steckte in der vom Modeschöpfer Tommy Ogara gestalteten Kollektion, die aus dreien Modellen mit Rahmen für optisch geschliffene Gläser und für Sonnengläser bestand. Die Farbpalette umfaßte Rauchgrau und Schildkrötenbraun sowie drei japanische Sasabambustöne: Sasaschwarz, helles Sasabraun und wie Bier aussehendes Sasagelb. Das Modell „FAIRCHILD“ hatte eine Nasenbrücke in Form eines Schlüsselloches, welche die Balance mit den polierten, flachen Erhebungen an beiden Enden der Fassung hielt, und gebogene Ohrenbügel; Harmonie bestand ferner zwischen den geraden und kurvigen Linien. Das Modell „KINGSTON“, das es lediglich als Sonnenbrille gab, hatte eine im Pilotenstile gebogene Fassung und gerade Ohrenbügel, deren Materialien falscher Bambus und Acetat waren. Das Modell „POLARIS“, auch nur als Sonnenbrille erhältlich, hatte – wieder falscher Bambus und Acetat als Materialien – nebst geraden Ohrenbügeln über der Nasenbrücke einen zusätzlichen Bogen, der einen markanten Freiraum ließ. Alle Stücke waren in Handarbeit in Japan hergestellt worden.

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