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Jenseits von Afrika

Die Mode und die Stammeskultur

Glitzer – die Modenschau „manish arora“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 18. Mai 2017
Wenn ein Modeschöpfer auf eine gewisse Anzahl Jahre erfolgreicher Tätigkeit zurückblicken kann, gibt es selbstverständlich etwas zu feiern. Mit der Kollektion für den Herbst und Winter 2017/2018 beging der indische Modeschöpfer Manish Arora am 2. März 2017 sein zehntes Jubiläum. Unter dem Motto „COSMICLOVE“ nahm er das Publikum im Grand Palais in Paris mit auf eine visuelle Reise von den Volksstämmen Afrikas in die unendlichen Weiten des Universums.

Geometrische Muster afrikanischer Stammeskulturen mischte Manish Arora unter Tunikakleider aus Serge de Nîmes oder unter Glockenhosen. Mit ihnen verschönerte er auch die wirbelnden Samtapplikationen auf Kleidern aus silbernem Seidenorganza und auf Drapagen. Eine optische Täuschung durch eine golden und grünlich glänzende Stickerei in Pfauengestalt ergoß sich über Stufenkleider und weit fallende Roben. Flammende Kometen, von in mitternachtsblauer und violetter Umgebung wirbelnden Planeten umkreist, blitzten auf Bomberjacken aus gesteppter Satinseide auf. Ein Stückwerk aus gekochter Wolle bildete afrikanische Strukturen auf übergroßen Bomberjacken und Westen; Rohkunststoffe auf gewebten Beuteln und Halsbändern kam hinzu. Einen Kontrast dazu stellten die reichen Samtpullover sowie die Hosen und Röcke aus Seidentwill dar. Astrologische Stickereien in Gestalt von Sternschnuppen und goldenen Sonnenstrahlen zierten Tunnelzugkleider aus Seidenkrepp und verkürzte Jeansjacken. Drucke mit aztekischen Motiven und Art‑déco-Muster, bei denen Fuchsienrot, Mandarinenrot, Senfgelb und Königsblau ein „lebendiges Medley“ ergaben, liefen auf gleitenden Wickelkleidern und auf Hosenanzügen aus Dupionseide zusammen. Mit riesigen „SWAROVSKI“-Kristallen geschmückte Paisley-Muster fegten über die Frontseite der burgunderroten Tunikakleider und bodenlangen Roben aus Seidensamte. Aufwendig bestickte, himmlische Bodies richteten sich auf in „glitzernde Galaxien für eine stellare Erwartung voller kosmischer Liebe“.

Die neue Kollektion ihrer im Jahre 2007 gegründeten Marke „CYCLAS“ zeigte die japanische Modeschöpferin Keiko Onose in der Veranstaltungsstätte „MONA BISMARCK AMERICAN CENTER“. Als Markenzeichen vereinten die Mäntel eine reine Form und ein neues Volumen. Asymmetrische, abgerundete Röcke aus Seidensatin gewährleisteten eine fließende Bewegung. Die Drapage durch Verdrehung von Rüschen schmeichelte dem weiblichen Körper. Die Beschaffenheit des Seidensatins, Samtes und Pelzes vermittelte eine Frische, die der Behaglichkeit der Baby-Alpakawolle, Bouclé-Kaschmirwolle und beidseitig gearbeiteten (Double-face) Kaschmirwolle sowie des Bouclé-Velours gegenüberstand. Die Farbpalette umfaßte Papageiengrün, Kartäusergelb, Puderrosa und Mokkabraun, um das Werk des amerikanischen Malers und Bildhauers Ellsworth Kelly, eines Hauptvertreters des Hard-Edge-Stiles, der italienischen Aktionskünstlerin Vanessa Beecroft sowie ihrer beider Zeitgenossen zu würdigen. „Einfach schön, einfach komfortabel, einfach erfreulich“ war die Kleidung für Frauen mit vielen Facetten.

In der Kunstgalerie „in)(between.“ stellte die von den Färöer-Inseln stammende und in Kopenhagen tätige Modeschöpferin Barbara í Gongini ihre Kollektion „9 & 26“ vor. Die Kollektion veranschaulichte den Zusammenstoß traditionell geschnittener Bekleidung und heutiger „Streetwear“, was ein avantgardistischer Ansatz abfederte. Der Fokus lag auf Basisstücken, welche die Trägerin ermutigen sollten, selbst diese Stücke mit anderen Dessins zu erweitern. Alles drehte sich, von der nördlichen Hemisphäre inspiriert, um organische Formen und Strukturen; es war eine graphische Landschaft in Formation. Die Atmosphäre dieses „Gesanges aus dem Norden“ war an den mit Steinen vorgewaschenen oder kalt gefärbten Kleidungsstücken oder auch am rohen, gewaschenen Leder spürbar. Leichter Baumwolle, Rohleinen, weichem Leder und langhaariger Schurwolle kam eine bedeutende Rolle zu. Staubige und aschige Farbtöne sowie kreidig beschichtete Oberflächen durchbrachen die Einfarbigkeit, so daß die Details sofort ins Auge fielen. Für die kommende Saison plante Barbara í Gongini, die ihre namensgleiche Marke übrigens im Jahre 2007 gegründet hatte, eine eigene limitierte Linie, um Klassiker in eine zeitgemäße Version zu verwandeln, wobei die Handfertigung jedes Kleidungsstückes unweigerlich ein Unikat hervorbringen sollte.

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