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Der Taschenspieler

Die Mode und der Purismus

Vor der Mauer – zwei Mannequins vor der Modenschau „LUCIO VANOTTI“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 7. Mai 2017
Kombination ist eine der wichtigsten Methoden von Modeschöpfern. Dies gilt nicht nur für körperliche Gegenstände, sondern auch für Ideen und Vorgehensweisen, wenn beispielsweise Dinge aus der Vergangenheit mit Aspekten aus der Gegenwart kombiniert werden. Der für die Münchener Marke „AIGNER“ tätige Modeschöpfer Christian Alexander Beck führte klassische Formen und Schnitte, traditionelle Handwerkskunst sowie natürliche Materialien einerseits wie auch neuartige Strukturen und Oberflächen sowie innovative Techniken und Verarbeitungsweisen andererseits zusammen.

So wurden entweder klassische Kleidungsstücke mit neuen Materialien oder Techniken modern umgesetzt oder futuristische Formen und Größen mit herkömmlichen Elementen und überlieferter Handwerkskunst verbunden. Das Resultat war die Kollektion „RESET“ für den Herbst und Winter 2017/2018, die eine gewisse Nostalgie mit zeitgenössischem Einschlage ausstrahlte. Hoch geschlossene und zurückhaltende, aber zugleich sinnliche Formen beruhten auf Schnitten in Anlehnung an den neoviktorianischen Stil. Daneben tauchten klassische Silhouetten mit Volants und von der Bondagekunst inspirierte Wickelkleider auf. Einflüsse aus der Militärbekleidung gab es ebenfalls. Metallikstoffe, schimmernde Oberflächen und in Dunkelheit leuchtende Muster erwiesen sich als Hingucker. Die Farbpalette umfaßte im wesentlichen Olivgrün, dunkles Blau, Grau und Schwarz. Natürliche Töne wie Alabasterrosa, Kaschmirbeige und Taupegrau mit ziegelroten Akzenten kamen hinzu.

Bei den Accessoires hatten selbstverständlich die Taschen die Hauptrolle. Die Handtasche „Cybill“ gab es diesmal in einer geringeren Größe und in einer Spezialversion als „Cybill Reset“. Mit dem von der „Street art“ inspirierten, fotorealistischen Drucke mit Saisonmotiven wie Neonröhren, sternförmigen Flecken, markanten Absteppungen und einem großen Piercingringe seitlich griff sie bei ihrer Optik alle Themen der Kleiderkollektion auf. Die Fächertasche „Diadora“ mit dem „AIGNER“-Logo im „Retro-Look“ zum Umhängen stand für solides Lederhandwerk und modernes Dessin. Die Rahmentasche „Lara“ mit Kettenaufhängung vereinte Sportlichkeit und Glamour. Das neue Modell „Lexi“ mit einer reinen, geradlinigen Form hatte zusätzlich zum Schulterriemen in hochwertigen und robusten Glattleder puristische, golden glänzende Metallgriffe. Die in Italien gefertigte Wickeltasche „Amalia“ aus weichem Leder mit Riemen an der Öffnung und außergewöhnlicher Keilverarbeitung ließ sich elegant schließen und locker offen oder verkehrt herum tragen. Ein neues Luxusmodell in legerer Trapezform ist die Henkeltasche „Lea“ mit präsenten Reißverschlüssen an der Seite. Eigens für die Modenschau am 24. Februar 2017 in Mailand waren einige Sondermodelle entworfen worden. Eine kleine Box mit Schraubenelementen wurde, an einer Kette hängend, an einem Armbande getragen. Die großen Schrauben befanden sich auch auf der Tasche „Cybill Reset“ und auf einem Rucksacke. Speziell war auch ein kleiner Beutel aus gestreiftem Lammfelle.

Weitere Accessoires waren Ledergürtel mit Schößchen, lederne Taillengürtel entweder mit großen Schrauben oder mit vielen kleinen Nieten und Gürtel mit Lederbändern. Das Schuhwerk bestand aus flachen, spitzen Stiefeletten, aus Absatzstiefeletten mit offenem Fersenbereiche, aus wadenlangen Absatzstiefeln und aus klassischen Pumps mit einem V‑Ausschnitte und Nieten vorne an den Leisten. Der Schmuck beschränkte sich auf lederne Halsbänder mit einem Amulette in Form der besagten Schrauben, eine feine Halskette mit einem Amulette, Ohrringe und goldene oder bronzene Armreifen mit vielen langen, feinen Kettchen. Für die musikalische Untermalung im Palazzo Reale sorgte das Münchener Indie-Pop-Duo „Nalan381“ aus Nalan Karacagil und Nikolaus Graf. Für Christian Alexander Beck waren sowohl die von ihm ausgewählte Musik als auch seine Kollektion stark, „tough“ und modern, aber auch feminin und sexy.

In der neuen Kollektion, die der Mailänder Modeschöpfer Lucio Vanotti im Spazio Cavallerizze des Nationalmuseums der Wissenschaft und Technologie Leonardo da Vinci zeigte, waren die weichen Stoffe mit einer glatten Struktur in dezenten natürlichen Farbtönen die Protagonisten. Das Baumwollgewebe ermöglichte zarte Drapierungen, welche der natürlichen Silhouette des Körpers folgten. Saubere und einfache Schnitte traten hinzu. Die Kleider in verschiedenen Grundformen hatten weiche, unstrukturierte Linien. Die Mäntel ähnelten großen Umhängen, während die geräumigen zweireihigen Blazer ohne Revers auskamen. Transparente Rollkragenpullover wurden mit Maxihosen kombiniert. Lucio Vanotti, der nach der Devise „zurück zur Unschuld“ vorging, konzentrierte sich aufs Wesentliche und verzichtete so auf Übermaß und Überfluß. Stilistischer Purismus, also Schlichtheit, war jedoch mehr als bloße Einfachheit; es war eben kompliziert, schlicht zu sein.

Auf der Veranstaltung „ITALIAN FUR FASHION NIGHT“ in der Militärschule Teulié stellte der Modeschöpfer Vinicio Pajaro aus Abano Terme nahe Padua seine neue Kollektion mit Pelzkleidung vor. In der Zusammensetzung strahlten Leopardenpelz und schwarzer andersartiger Pelz einen betonten Luxus aus. Die Linien waren lang und wickelartig mit einem Hauche orientalischer Geschmeidigkeit. Als Hommage an die Romantik steckte in den mit Spitzen und handgemachten Blumenapplikationen übersäten Jacken und Mänteln Marderpelz in delikaten rosa Tönen.

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