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Wenn die Gondeln keine Trauer tragen

Mode für jeden Tag der Woche

Montag, Dienstag, Mittwoch … – die Modenschau „ALBERTA FERRETTI“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 1. Mai 2017
Mitunter läßt einen eine Modepräsentation etwas ratlos zurück. Fürs Finale der Modenschau am 22. Februar 2017 im Mailänder Kindermuseum, genau gesagt in der ehemaligen Kirche San Michele inmitten der Rotonda della Besana, schickte die Modeschöpferin Alberta Ferretti aus Cattolica nahe Rimini Mannequins in schwarzen Pullovern mit glitzernden Schriftzügen – jeweils der Name eines Wochentages – über den Laufsteg, obwohl ihre Kollektion für den Herbst und Winter 2017/2018 thematisch eigentlich auf Venedig ausgerichtet war. Immerhin erklang zum Finale passenderweise das Lied „Friday I’m in Love“ der britischen Band „THE CURE“ mit der Aufzählung der Wochentage.

Der übrige Teil der Kollektion, zuvorderst die Chiffonkleider mit Canale Grande-Drucken, ließ da schon mehr an Venedig denken. Gondolierstreifen befanden sich auf Pullovern und Astrachanpelzjacken. Daneben waren samtene Stücke mit dem berühmten Löwen von San Marco bestickt. Typisch venezianisch erschienen die Kapuzenumhänge und Karnevalsmasken. Ein Cappello romano beziehungsweise Saturno als Kopfbedeckung rundete das Bild ab. Irgendwie vertraut wirkten überdies die Blumenkorsagen, Rüschen und vergoldeten Löwen. Offensichtlich hatte Alberta Ferretti ein Gespür dafür, was Frauen momentan wünschen, nämlich kostspielige Stoffe wie Samt in lebendigen Farben in Hülle und Fülle sowie glitzernde Verzierungen zur Anreicherung. So gab es für den besonderen Anlaß ein schwarzes Chiffonkleid mit Goldstickerei in Gestalt von Sternenhaufen.

Für die neue Kollektion der Marke „Kristina Ti“ unter dem Motto „Schwanenfrau“ galt es, das Beste aus der Weiblichkeit hervorzuheben, um ein Spiel mit der Kleidung zu ermöglichen. Die Frau sollte über sich hinausgehen und entfernte Ziele anfliegen; ein solcher Schwan sollte feminin sein, doch weniger naiv, sondern mehr provokativ. Die Modeschöpferin Cristina Tardito aus Trofarello in Piemont präsentierte im Palazzo Bovari in Mailand ein Feuerwerk wertvoller Stoffe. Drucke aus Scharen von in Schwärmen fliegenden Schwänen wechselten sich mit Drucken aus winzigen Blumen ab. Ausbrennersamt war hier die stoffliche Grundlage. Typisch für Cristina Tardito waren die Phantasien aus floralen Motiven auf Crêpe de chine. Darüber hinaus waren der Lurex bunt gefärbt und das Vinyl bestickt. Jeder Stoff erzählte eben eine, seine eigene Geschichte.

Ein gewisser Eklektizismus zeigte sich in einer neuen Synthese; Interpretation und Erfahrung mündeten in doppelten Kleidungsstücken wie den Hauben aus fusselfreien Stoffen, die fluoreszierend und schwarz waren. Rollkragenpullover und Serafino-Hemdchen in Ripsjersey, unter Kleidern mit tiefen Ausschnitten getragen, versetzten die Trägerin in die Lage zu wählen, sich zu bedecken oder ein wenig Haut freizugeben. Zu den Bleistiftröcken aus schweren Wollstoffen paßten Blusen, die geschlossenen oder, um einen Ausschnitt zu markieren, offen getragen werden konnten. Blusen tauchten auch über den Mikroröcken aus bestickter Wolle auf. Für einen androgynen Einschlag sorgte die Kombination aus äußerst femininen Bodies und lässigen, übergroßen Samt- oder Wollhosen mit Drucken. Die Nacht erhellten Lurex-Effekte und Glitter aus mehrfarbigen Tupfen auf Blusen maskulinen Schnittes, bei denen Rabenschwarz mit hellen Tönen wie Erdbeerrot und Minzgrün ergänzt wurde. Aus Lurex-Fäden gestaltete Blumen schmückten Sweatshirts, während bunte Sterne gewaschene Popelinewolle zierten. Das Schuhwerk bestand aus geschlossenen oder offenen Clogs. Stiefel kamen ebenfalls vor, wobei entweder Ponyleder oder Vinyl das Material war. Der Schmuck beschränkte sich auf die Ohren und Arme, so daß der Hals in seiner Länge frei blieb; bunter Harz war die Basis für Ohrringe und Anhängerarmbänder.

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