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Ohne Titel

Postmoderner Realismus in der Mode

Mode in der Schulaula – die Modenschau „Y/PROJECT“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 12. November 2016
Für viele Menschen hat das sogenannte erste Mal eine besondere Bedeutung im Leben. Der Aspekt der Einmaligkeit oder Mehrmaligkeit ist auch für Modeschöpfer nicht ohne Belang. Um nicht eine modische Eintagsfliege zu bleiben, gilt es daran zu arbeiten, sich über den Tag einer erfolgreichen und beachteten Präsentation im Rahmen einer bedeutsamen Modewoche hinaus in der Modeszene zu etablieren und im umkämpften Modemarkte auf Dauer zu behaupten.

Nach der Premiere in der letzten Saison präsentierte der aus Belgien stammende und seit dem Jahre 2013 für die Pariser Marke „Y/PROJECT“ tätige Modeschöpfer Glenn Martens nunmehr also zum zweiten Male eine Kollektion auf einer Laufstegschau in Paris. Die Musik zur Schau am 27. September 2016 in der Aula des Lyzeums Karl der Große war so eklektisch wie die Kollektion für den Frühling und Sommer 2017 selbst. Auf die dramatische Einleitung „Fortuna imperatrix mundi“ aus der szenischen Kantate „Carmina Burana“ des Komponisten Carl Orff folgten lockere Töne eines Bossa Nova, woran sich detonierende Punkmusik anschloß. Inspirationsquellen für die Kleidungsentwürfe waren die Kostüme der Barockepoche, der gotische Stil, die Szene heutiger „Club Kids“ und die sexy Ausstrahlung der auf der Straße getragenen Sportkleidung. Barocke Kreationen mischten so eine „Streetstyle“-Atmosphäre gehörig auf. Die Kollektion bestand im wesentlichen aus mit Perlenbändern geschnürten Kleidern, samtenen Bodysuits, Bustiers aus Kuhhaut, übergroßen Trenchcoats, Kitteln, verflochtenen Trikots, Hosen aus Serge de Nîmes mit passenden Chaps und weiten Hosen mit Manschettenknöpfen. Daneben fielen noch Korsetts, Gürtel mit Logos und Triple-Tour-Gürtel auf. Die Silhouetten waren feminin und übertrieben, dekonstruiert und überarbeitet, und zwar mit dunklen Details. Bei den Accessoires waren Colliers, Perlenbänder, graphische Ohrringe aus Silber und Brillen der österreichischen Marke „ANDY WOLF“ zu entdecken.

Für die Modeschöpferin Julie Paskal aus Odessa war es ebenfalls das zweite Mal, als sie die neue Kollektion ihrer im Jahre 2010 gegründeten Marke „PASKAL“ auf einer Laufstegschau in der Veranstaltungsstätte „GALERIE NIKKI DIANA MARQUARDT“ vorstellte. Mit Bezügen zur Architektur und zum Ingenieurwesen richtete sie ihr Augenmerk schon immer auf Formen, Linien und Strukturen, um einen Minimalismus im Wege sensiblen Gestaltens zu einer starken Persönlichkeit zu verdichteten. Koloristische Inspiration für ihre neue Kollektion war das Gemälde „Ohne Titel“ des Malers Sigmar Polke, eines Vertreters des postmodernen Realismus. Die drei kontrastierenden Linien, die er auf dem grauen Hintergrunde dargestellt hatte, verkörpern eine Einfachheit, die Julie Paskal in die Kollektion übertrug. Unter dem Motto „untitled“ zeigte sie dann ihre Vision der Abstraktion mit einfachen Formen und Farben. Saure Farben, die Dynamik der Laserschnitt-Fransen und die Maße waren ihre Mittel, um der Kollektion den Geist der dunklen und vielfältigen Welt der psychedelischen Musik (Goa-Trance) einzuhauchen. Der Kreis wurde somit zur Hauptform; pilzartige Laserschnitt-Netzstücke sowie Kleider und Röcke mit A-Linie waren die Folge. Um das Gleichgewicht zwischen der neuartigen Welt und den von der Natur hervorgebrachten ewigen Dingen zu bewahren, verwandte Julie Paskal Laserschnittechniken, fluoreszierende Farben und technische Stoffe, womit sie eine neue dunkle und heidnische Welt schuf, in der die Frauen als Mutter und Partnerin das die Schönheit, Weisheit und Liebe vereinende Zentrum sein sollten.


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