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Modelle, Tiere, Sensationen

Eine modische Safaritour

Tierisch gut – die Modenschau „MAURIZIO PECORARO“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 9. November 2016
Gleichviel ob man sich die eingehegte Kultur oder die wilde Natur vorstellt, Modeschöpfer finden darin immer einen Ansatz für ihr kreatives Werk. So fällt ihnen für den Entwurf von Kleidungsstücken stets etwas ein. Die Frage ist bloß, wieviel davon in einer Kollektion untergebracht werden soll. Mal ist weniger mehr, mal ist eine gewisse Fülle nötig.

Unter Berufung auf die italienische Schauspielerin Elsa Martinelli und den französischen Maler Henri Rousseau bettete der Mailänder Modeschöpfer Maurizio Pecoraro seine eklektische, vergoldete bürgerliche Kollektion für den Frühling und Sommer 2017 in ein überschwengliches Wildnisthema ein. Während bei Henri Rousseau dessen Naturdarstellungen in den Gemälden den Modeschöpfer beeindruckten, faszinierte ihn bei Elsa Martinelli deren Eleganz, wie sie der Spielfilm „HaTaRi!“ aus dem Jahre 1962 sichtbar gemacht hatte. Dschungel und Savanne zogen sich insofern thematisch durch die gesamte Kollektion. Ein Giraffendruck auf einem gerillten Kleide über einer passend verkürzten Hose. Weitere Tiermotive kamen vor wie ein auf die Brustseite eines braunen Spitzenhemdes gestickter Tiger. In ähnlicher Weise prangte ein Papagei auf einer Bomberjacke mit Spitzen.

Affen wie in Cartoons bevölkerten einen erdbraunen, blumigen Jacquard-Stoff. Ein aufgewühltes Bauernkleid war mit Schlangen bunt bedruckt. Auch Löwen, Panther und Elephanten tauchten auf. Weitere Materialien waren Baumwolle, beflockte Stoffe und Ausbrennerstoffe (Devoré-Stoffe). Die Technik des Schlingenstiches rief hübsche Ausschmückungen hervor. Durch das Thema bedingt, umfaßte die Farbpalette eine „Myriade“ von Grünnuancen sowie die Töne Orange, Kürbisgelb, Elfenbeingelb, Kamelbraun, Rostbraun und Schwarz. Übergroße, fließende Silhouetten und asymmetrische Linien rundeten das Bild ab. Alles in allem domestizierten sozusagen luxuriöse Stoffe und versierte Verzierungen der am 25. September 2016 im Palazzo del Senato beziehungsweise Staatsarchive präsentierten Kollektion „ANIMALANDO“ die wilden Tiere und machten somit gewissermaßen die raffinierten, „animalischen“ Stücke tragbar.

Zu der Kollektion „Dreamer’s Soliloquy“ inspirierte den chinesichen Modeschöpfer Rico Manchit Au seine Zeit als Student in Italien, also bevor er seine Marke „RICOSTRU“ im Jahre 2011 gegründet hatte. Es ging um die Zerschneidung der subtilen Beziehung zwischen der Einsamkeit eines Menschen und dem Raume, was symbolisch für den persönlichen Monolog des Modeschöpfers mit sich selbst stand. Von diesem Gedanken aus porträtierte Rico Manchit Au den Vorgang des Durchschreitens verschiedener Szenen innerhalb und außerhalb eines Traumlandes. Moderne Ästhetik und Interieurgegenstände waren die wichtigsten Elemente der Kollektion. Gürtelornamente und Wildleder, das sonst ein Sofa schmückte, trafen in einer Collage auf metallische Materialien. Lederne Bettwäsche kontrastierte mit empfindlicher Seide. Eine verglaste Tür, welche die Tapetenfarbe reflektierte, machte ebenso die Seele der Kollektion aus wie der metallische Stahlring einer Schublade. Minimale Ausschnitte prägten das Aussehen, während der Charme der Nachtwäsche im chinesischen Stile mitschwang. Orientalische Eleganz und geometrische Reinheit bestimmten die Silhouetten. Üppige Hosen und Raschelröcke erschienen in Kombination mit weichen Blusen, sehr langen Ärmelpullovern und langen Trenchcoats mit Kimonogürteln. Auch bei den Farben spielten Kontraste eine Rolle. Technische Materialien waren in klassischen, grauen Farbtönen gewaschen, um einen andauernden Zusammenprall zwischen Lockerem und Engem, Leerem und Vollem sowie Starkem und Weichem hervorzuheben. Die am 26. September 2016 in der Veranstaltungsstätte „Teatro Armani“ gezeigte Kollektion ließ Rico Manchit Aus bildhauerische Handschrift wieder erkennen.


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