Interessierter Blick – das Mannequin Tamara Miličević vor der Modenschau „GEORGES CHAKRA COUTURE“ (Bild: Christian Janssen)
Der Beiruter Modeschöpfer Georges Chakra präsentierte seine Kollektion für den Herbst und Winter 2016/2017 am 5. Juli 2016 in einem Pavillon im Jardin des Tuileries. Seine neue Muse entfachte eine melancholische Leidenschaft für Romanzen. Die Schnitte waren graphisch und ergaben begehrliche Silhouetten. Während die Taillen besonders hervorgehoben wurden, waren die Schulterpartien sinnlich. Federn, Pailletten, Kristalle, Perlen und künstliche Blumenblätter zierten die Kleider. Ränder und Falten spielten mit Lichte und Schatten. Mäntel oder Capes tauchten in Kombination mit Etuikleidern oder Jumpsuits auf. Mancher Kleider lange Schleppen sorgten für einigen Wirbel. Die Stoffauswahl war verwegen; der Samt vibrierte, der Tüll war so leicht wie eine Feder, der Seidenorganza war glamourös, der Seidengaze fiel geschmeidig, die Nadelspitze (Guipure) und die Klöppelspitze waren kompliziert verwoben. Die krausigen Falten kreuzten sich in Vollkommenheit. Gegenüber den dunklen Farben, die rebellisch wirkten, schienen Rubinrot, Schamesrot, Indischrosa, Blaßgelb, Skarabäusgrün und Glyzinenblau wie ein warmer Lichtstrahl. Gold und Silber setzten zusätzlich Akzente. Das elfenbeinweiße Hochzeitskleid als Höhepunkt der Modenschau hatte handgedruckten Zierat in Platin, Gold und Fuchsienrot. Unter den begeisterten Gästen befanden sich sogar drei Mannequins, nämlich die Französin Flora Coquerel, die Vietnamesin Jessica Minh Anh und die Tschechin Petra Němcová.
Erstmals empfing die Moskauer Modeschöpferin Yulia Yanina ihre Gäste in der Botschaft der Russischen Föderation. Bei ihrer neuen Kollektion konzentrierte sie sich auf die Magie der Farben und deren Bedeutung für die Frauen, welche sich mit den Begriffen Liebe, Leidenschaft, Kraft und Erfolg beschreiben ließ. Der russisch-französischer Maler und Bühnenbildner Lew Samoilowitsch Bakst alias Léon Bakst, der russische Maler und Graphiker Konstantin Andrejewitsch Somow und der russische Maler, Buchillustrator und Theatermacher Iwan Jakowlewitsch Bilibin waren neben anderen Illustratoren russischer Märchen Yulia Yaninas Inspirationsquellen. Nach einer Legende ist es nur einem Menschen mit reinen Gedanken in der lebenslangen Verfolgung eines Traumes vergönnt, den Vogel des Glückes zu erblicken. Unter dem trefflichen Motto „La légende de l’oiseau du bonheur“ war ein magisches Vogelbild in der Kollektion allgegenwärtig. Die Pfauenaugen symbolisierten Weisheit und Kontemplation. Schöne bestickten Federn gediehen auf exklusive Kleidern, um eine stattliche Reihe Pfauenaugen zu bilden, die wie ein bunter Regenbogen leuchteten. Das Motiv von strenger Geometrie in „Patchwork“-Manier war eine Kombination aus allen erdenklichen Farbtönen; die Legende gab die Zahl 365 an. Schwarz, für die Nüchternheit von Rabenflügeln stehend, wurde durch eine feine Stickerei mit verschiedenen Techniken wie Drapage, Schnurstickerei und Satinstiche sanfter. Yulia Yaninas Wertschätzung für die Tradition und Schönheit des russischen Nationalkostümes drückte sich aus in bestickten Markenmänteln aus Kaschmirwolle und Seidensamte, die herrschaftlichen russischen Luxus und das Bojarengewand vereinten. Roben und kurze Cocktailkleider waren weiterhin modern und raffiniert. Yulia Yanina setzte mit Raffinesse alles stimmig in der Kollektion um.
Die Kollektion „PREMIÈRE LUMIÈRE“ stellte der Pariser Modeschöpfer Julien Fournié in der Kirche Oratoire du Louvre vor. Das Kollektionsmotto bezeichnete eine zeitgemäße Hommage an Paris als Stadt des Lichtes. Als einziger Wert verblieb die Liebe, die es alleine vermochte, Raum und Zeit zu erleuchten. Auf der Suche nach einer Route weg vom irdischen Zynismus nahm sich Julien Fournié das Universum vor. Er war sich alsbald sicher, die Erde als Teil des endlichen Universums werde bald sich zu drehen aufhören. In der greifbaren und erfaßbaren dreidimensionalen Welt schien alles an der Kollektion nach einer vierten Dimension zu verlangen. Also machte sich Julien Fournié ans Werk. Die fundamentale Eleganz sah bei ihm dann so aus, daß er, um jeden weiblichen Körper in einem neuen Lichte erscheinen zu lassen, konturierte Kleidungsstücke um die weiblichen Kurven herum schuf. Im Kollektionskosmos spielte Stickerei eine Hauptrolle. Sie brachte den Brokat zum Funkeln, um die kosmische Nebularstrahlung oder einen Schleier dunkler Materie zu symbolisieren. In dunkelkarmesinroter Tönung stellte sie Kristallstalaktiten in einem „Gravitationsdessin“ organischer Formen dar, wohingegen sie in fleischigen Farbtönen (Nude) für die Morphose des Körpers stand.
Darüber hinaus waren dreifacher Seidenorganza, Baumwollorgandy und verfeinertes Leder kostbare Stoffe für zarte Blusen, die ein paar ausgewählte Zeichen von Uniformen der Weltraumfahrer aufwiesen. Daneben schmückten Kristallmanschetten, rundherum geraffelte Bündchen und kristallene Pfeile auf asymmetrischen Kragen diese Blusen. Lange Röcke und Mäntel waren aus Mohairwolle. Die Spitze der Marke „Sophie Hallette“ hatte esoterische Muster. Der Brokat entstammte einer Zusammenarbeit mit Fachleuten der Marke „SFATE & COMBIER“. Chiffon, Crêpe Georgette und Seidenjersey waren Stoffe, bei denen die Schnitte anatomische Züge annahmen. Zu guter Letzt milderten schmelzende Juwelen den architektonischen Rigorismus der Kleidungsstücke etwas ab. Nach Julien Fourniés Ansicht sollte die Haute Couture die Mode vorantreiben wie die Quantenphysik die Astronomie. Für die an Mode interessierten Menschen war es übrigens vorteilhaft, daß die Modelle nicht nur im Kirchengebäude, sondern auch, und zwar nachher, in dem vom Bürgersteige aus einsehbaren Kirchgarten zu sehen waren.