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Nicht alle Katzen sind grau

Farbenfrohe Kleider in Mailand

Miau! – die Kulisse der Modenschau „ARTHUR ARBESSER“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 10. November 2015
Daß nachts und erst recht tagsüber nicht alle Katzen grau sind, zeigte am 28. September 2015 der aus Wien stammende und nunmehr in Mailand lebende Modeschöpfer Arthur Arbesser. Für seine erste Laufstegschau stellte er eine übergroße Katzenskulptur in den Karyatidensaal des Palazzo Reale und setzte sich dann mit einer dezent farbenfrohen Kollektion für den Frühling und Sommer 2016 von den wuchtigen Farbspielen seiner Mailänder Konkurrenten ab. Zugleich wurde die Formensprache im Hinblicke auf seine früheren Entwürfe weicher und sanfter.

Unter den wachsamen Augen der Riesenkatze als Metapher für das Kollektionsthema, nämlich für die Angst vor der Selbstentdeckung beim Erwachsenwerden, führten die Mannequins die neuen Kleider vor, während Arthur Arbessers langjähriger Kumpel Jordan Hunt aus der rebellischen, für geschlechtsfreie Liebe stehenden Band „The Irrepressibles“ mit melancholischen Tönen für die musikalische Untermalung sorgte. Als Inspiration diente dem Modeschöpfer das Werk des französischen Malers deutsch-polnischer Herkunft Balthasar Kłossowski de Rola, genannt Balthus, in welchem er die Entdeckung des eigenen Körpers und der Sexualität sowie den Verlust der Reinheit thematisiert hatte. Der 1960er Jahre erinnernden Drucke von Blumen auf der Grundlage der Aquarelle der Illustratorin Agathe Sänger schmückten die mädchenhaft zarten und unschuldigen Mannequins.

Ein laubgrünes Kleid sah wie eine brave Schuluniform aus, wohingegen sich ein an der Taille gekräuselter Maxi-Bermuda wie ein abstehender Rock ausweitete und jugendliche Rebellion anzeigte. Hauchdünner technischer Nylon, Baumwollekrepp, mit transparentem Nylon gebundener netzartiger Strick und fließende Seide waren weitere Materialien in der Kollektion. Den Strickwaren galt wie ehedem die besondere Aufmerksamkeit des Modeschöpfers. Das Spiel mit Farbkontrasten, welches bisweilen an Heroldsbilder denken ließ, bestimmte weite Teile der Kollektion. Mal teilten Weiß und Mohnrot ein bauchfreies, langärmeliges Shirt in zwei Felder auf (gespalten), mal ergaben sich aus den gleichen Farben für ein Minikleid vier Felder (geviert), mal lagen Cremeweiß, Himmelblau und Mohnrot als wiederkehrende Streifen eines Minikleides nebeneinander (mehrmals geteilt). Angesichts der sich in der gesamten Kollektion andeutenden Ideenvielfalt darf man auf Arthur Arbessers schöpferische Zukunft gespannt blicken.

Der Modeschöpfer Angelo Marani aus Correggio in der Emilia widmete sich in dieser Saison emotionalen Kleidern, die einzigartige kostbare Stücke sein sollten. Mit der neuen Kollektion „Scent of Fashion“, die er in der Veranstaltungsstätte „MAGNA PARS EVENT SPACE“ präsentierte, drehte er die Uhr zurück auf die 1970er Jahre, als die schöne, fröhliche und zutrauliche sardische Costa Smeralda ein Zentrum der Schönen und Reichen gewesen war. Konsequenterweise verbreitete die Kollektion den Duft der Natur, und zwar des Meerwassers und der sardischen Myrte. So verführerisch wie die Natur kamen die Materialien daher: lasergeschnittener Alcantara für ein Zebramuster bei den Röcken, zeitgenössische Stickereibatistspitze, handgemalte Blumen auf Denim sowie Metall- und Seidenfäden bei den Strickkrawatten. Neben langen, ärmellosen Kaftanen, Bastminikleidern mit Spitzensäumen und Westen mit „SWAROVSKI“-Kristallen formten Etuikleider mit à-jour-Pinselstrichen den Körper sinnlich.

Hinzu kamen flache Sandalen mit edlen, goldenen Verbindungen, während Kopftücher nicht nur das Haar einhüllten, sondern auch zu unbeschwerten Gedanken ermunterten. Jedes Kleidungsstück zeichnete sich obendrein durch ein gedrucktes Feigenblatt aus, um den an der Küste erlebten Sommer unvergeßlich werden zu lassen. Ebenso verhielt es sich bei der Farbpalette, der „Alchemie der Farben“. Grün stand für die mediterrane Macchia, in die der Wind blies. Tiefseeblau gemahnte an die Tiefe des Meeres. Rosa schimmerte der sich bewegende Sand. Steingrau mit fluoreszierenden Schattierungen repräsentierte die Natursteine. Schwarz-Weiß-Muster rundeten das Bild ab. Angelo Marani vermochte es auf eine einfache, aber zugleich faszinierende Weise, dem Publikum den „Duft der Mode“ nahezubringen.


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