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Die rollenden Steine

Surreales und psychedelisches in der Mode

Halt! – Mannequins vor der Modenschau „VIVETTA“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 6. April 2015
Das Reservoir an Inspirationsquellen für Modeschöpfer ist unerschöpflich.

Am 28. Februar 2015 präsentierte die Modeschöpferin Vivetta Ponti im Teatro Armani die Kollektion „THE GROUPIE ATTITUDE“ für den Herbst und Winter 2015. Von der Britin Marianne Faithfull, dem legendären Groupie der britischen Rockgruppe „Rolling Stones“ und der Partnerin deren Sängers Mick Jagger und der auch eigenständigen Sängerin, inspiriert, interpretierte Vivetta Ponti mit ihrer Kollektion die Volumina der 1960er Jahre: Miniröcke, Minikleider mit ausgestelltem Rock, Capri-Hosen. Zweireihige Jacken wurden mit Stickereien und surrealen Dekorationen angereichert. Die floralen Elementen, wobei in der Regel die Freiheit, vermischen sich mit mystischen Mustern und beeindruckt in farbige Drucke. Das melancholische Lied „As Tears Go By“ begleitete die Modeschöpferin während des gesamten Schaffensprozesses. Die Farben waren hell und freundlich. Lila, Himmelblau, Myrtenblau, Burgunderrot und Biskuitbraun ergaben zusammen mit der raffinierten Einfachheit von Weiß und Schwarz eine ungewöhnliche Alchemie.

Der Mailänder Modeschöpfer Ermanno Scervino erforscht stetig die harmonische Vereinigung der Gegensätze bei Farben, Materialien, Mengen. Er verfolgt das Ziel, die Facetten der Weiblichkeit in einer Couture-Sprache zu entdecken. Für die neue Kollektion setzte er auf die Strenge und die Muster männlicher Stoffe. Die Neuinterpretation des Pied-de-poule-Musters erfolgte großflächig an Gesellschaftskleidern in Minilänge, um eine neue Sinnlichkeit zu erreichen. Die Strickkreationen wiesen unregelmäßige geometrische Muster, Einlegearbeiten und Mehrfarbendrucke nahe an Folklore und Pelzen auf. Nachdem sich Ermanno Scervino in der Natur umgeschaut und überall Blau gesehen hatte, was ihn bezaubert hatte, herrschte in der Tageskleidung Königsblau als Farbton vor.

Ein Mailänder Appartement war der Ort, an dem der aus Griechenland stammende und in Mailand tätige Modeschöpfer Angelos Bratis eine Modeinstallation veranstaltete. Designmobiliar, gestapelte Bücher und gesammelte Kunstwerke zeugten von einem bewegten Leben. Es war eine introspektive Welt, wo sich zwölf individuelle Charaktere beziehungsweise zwölf Modelle zu einer Soiree trafen. Das daraus resultierende intime Beziehungsgeflecht unter den Modellen und Einrichtungsgegenständen brachte ein Kuriositätenkabinett hervor, das entdeckt werden wollte. Die neue Kollektion hatte mit monochromen Silhouetten einen soliden Stand. Klassische Skulpturen, kinetische Kunst, Dehua-Porzellan (Blanc de Chine) und italienisches Design der 1970er Jahre hatten Angelos Bratis zu der Kollektion inspiriert. Elfenbein, Magenta, Burgunderrot, Kastanienbraun und Schwarz waren die Töne, in welche Wollkrepp, Seide, Crêpe de Chine und Viskosejersey gefärbt waren. Die neuen, meist aus einem einzigen Stoffstücke gefertigten Muster spiegelten Komfort und Eleganz wieder. Bar übermäßiger Verzierung waren architektonische Formen auf feinen weichen Stoffen gearbeitet. Die lose Flexibilität der Stoffe bedurfte eines stützenden Rahmens. Dazu arbeitete Angelos Bratis in dieser Saison mit dem britischen Künstler Justin Capp zusammen, der handgemachte Lederaccessoires beisteuerte, die Körpern und Drapierungen Halt gaben.


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