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Genesis und Exodus

Vom Werden und Wandern in der Mode

Finale der Modenschau „AIGNER“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 4. April 2015
Gelegentlich gilt es in der Modebranche etwas zu feiern. Ein solcher Anlaß war das fünfzigjährige Bestehen der für hochwertige Lederwaren bekannten Marke „AIGNER“. Das gleichnamige Münchener Modehaus, das für Stil und Eleganz steht, tat dies mit einer Jubiläumsmodenschau in Mailand.

Am 27. Februar 2015 präsentierte der für das Modehaus tätige leitende Modeschöpfer Christian Beck die Kollektion für den Herbst und Winter 2015 als Jubiläumskollektion unter der Bezeichnung „Genesis“ im Teatro Alcione beziehungsweise Teatro Versace. Er widmete die Kollektion dem Markengründer Etienne Aigner und dessen Heimat Ungarn. Als Inspiration dienten die Menschen, Landschaften und Musik des Landes und vor allem die bunten traditionellen Gewänder. Ein folkloristisches Erscheinungsbild mit Stickereien, kräftigen Mustern und starken Farben deutete den Trend für die Zukunft an. So fanden Traditionsbewußtsein und ein modernes Lebensgefühl zueinander. Auch die Farbpalette verband Tradition und Fortschritt. Gänseblümchengelb, Wiesengrün, Mohnrot und Cyanblau verkörperten die kraftvolle Farbwelt Ungarns, während erdige Töne wie Nude, Haselnußbraun und Muskatnußbraun für Ruhe standen. Darüber hinaus wird die für die Marke typische Farbe Burgunderrot bei einigen Produktserien eine Renaissance erleben. Durch die gesamte Kollektion zog sich als roter Faden ein floraler Icon-Druck. Hingucker war die „Tesora“-Clutch-Tasche mit goldenen Markengravuren. Auch die Tasche namens „Ivy Bag“ mit ihrer in moderner Weise reduzierten Form und ihren klaren Linien stand nicht dahinter zurück. Sechs verschiedene Versionen eines Anhängers mit dem Jubiläumslogo aus feinem Grainleder rundeten die Kollektion ab.

Die Modeschöpferin Anna Molinari nahm das Publikum des Veranstaltungszeltes der Camera Nazionale della Moda Italiana in der Nähe des Palazzo Serbelloni mit auf eine „persönliche, eklektische, individuelle Reise“. Die Kollektion der Marke „Blumarine“ wandelte auf einem Pfade des Instinktes, des Glamours und der Mißachtung von Regeln. In dieser Saison war die Protagonistin eine anspruchsvolle Reisende, deren Nomadentum noch kein Lebensstil war, sondern eine bloße Sicht auf die Frage des Seins und Erscheinens. Individuelle Eigenarten wurden in natürliche, angeborene Lässigkeit übersetzt. Die zarte Weiblichkeit und der romantischen Geist, welche für die Marke typisch sind, wurden aus einem graphischen Winkel heraus interpretiert; das Spiel mit Kontrasten sollte sie mit einer schnellen, leichten Geste auflösen. Die Silhouette war entweder fließend und länglich oder scharf und kurz, jedoch stets mit hoher Taille. Der exakte Zuschnitt der langen Mänteln öffnete sich hin zur Leichtigkeit der geschmeidigen Roben aus Georgetteseide. Die Idee einer Winterreise ging in ein Gefühl von Leichtigkeit und Entspannung über, wofür große umgelegte Cardigans aus Nerzfellen standen.

Stiefel mit quadratischen Absätzen wurden durchweg getragen. Eher Gepäck als Accessoires waren nach eigener Einstufung der Modeschöpferin die Beutel in ihren Ausmaßen. Die genauen und klaren Linien lenkten die Aufmerksamkeit auf den Reichtum der lebendigen, dichten Oberflächen mit ausschwärmender Stickerei oder fühlbar wilden Fil-Coupé-Motiven. Zarte, in einem „fleischlichen Wege“ interpretierte Blumenmuster wechselten sich mit gestischen Mustern ab. Das Ergebnis war eine stattliche, aus Romantik und Reinheit gemachte Opulenz, was vom Gefallen für die Gegenüberstellung unterstrichen wurde, und zwar bei jedem Stücke. Seidenorganza, Georgetteseide, Chiffon und Leder waren beständige Materialien. Die Palette umfaßte natürliche Farbtöne: Sandgelb, Braun, Grau und Schwarz. Mehrfarbige Stickereien und metallische Blitze erleuchteten die Oberflächen und brachten eine mineralische Leuchtkraft auf die sichtbare Textur. Die Botschaft war sowohl klassisch als auch aufrührerisch: Persönlichkeit geht vor Regeln. Es sei Baby Jane Holzers in den Fabrikjahren erinnert.


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