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Fünfzig Grauschattierungen

Mode für eine Entdeckungsreise

Auf dem letzten Drücker – eine Kosmetikerin und das Mannequin Alina Ilie vor der Modenschau „STEPHANE ROLLAND“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 7. Februar 2015
Wer glaubt, in Paris schon alle für eine Modepräsentation in Betracht kommenden Stätten zu kennen, irrt, denn irgendein bisher gar nicht oder kaum genutzter Ort findet sich immer, um das von Mode begeisterte Publikum anzulocken und in entlegene Gefilde zu führen.

Der Pariser Modeschöpfer Stéphane Rolland empfing seine Gäste diesmal im Sendehause von Radio France am Seineufer. Dort verordnete er, einen Sommer voller Licht und Leichtigkeit erwartend, am 27. Januar 2015 dem Publikum neue Silhouetten für eine „neue Freiheit des Körpers“. Alles schien in der Schwerelosigkeit eines kostbaren, in Ruhe getauchten Universums zu fließen. Das Material bildete das Herz der Kreationen. Krinolinen aus transparenter Seidengaze erstaunten das Publikum mit ihren Stickereien, bei denen Schleierkraut, Latex oder Lackspitze Verwendung fanden. Hosen aus Jersey und Gaze wurden kombiniert mit Robencapes, für die Seidenkrepp zur Verwendung kam. Schwarz, Weiß und Terrakottatöne waren die Farbcodes, zu denen Gold- und Silberstaub aus Silikonen unterstützend strahlten.

Im Palais des Beaux Arts präsentierte der Pariser Modeschöpfer Julien Fournié seine Kollektion „First Initiation“, die sowohl von den Damen inspiriert war, die im neunzehnten Jahrhunderte die Sahara erforschten, wie Alexandrine Tinne als auch von der verschwenderischen Millionärin Barbara Hutton in ihrer Tanger-Periode. Julien Fournié brachte eine lebendige Hommage an die Entdecker der Freiheit auf den Laufsteg. Die „Gentlewomen“, die er mit seiner Kollektion porträtierte, vereinten in ihrem luxuriösen Silhouetten das Beste der lokalen Handwerkskunst als unauslöschliche Zeichen ihrer Treffen mit fremden Kulturen und neuer sinnlicher Beschäftigungen. Die passenden Töne für seine Farbpalette fand der Modeschöpfer in den Skizzenbüchern des französischen Malers der Romantik Eugène Delacroix: Elfenbein, Henna, Sand, roter Amber, Türkis. Sie gelangten in die Kollektion, wo chromatische Allianzen ungewöhnlich waren und Schwarz verbannt war.

Ein in Seide gewebtes Muster brachte Ruinen in verschiedenen Grautönen in den Sinn. Ein Druck zauberte den altägyptischen Skarabäus herbei. Intarsien waren eine Hommage an die Ästhetik der Sufi-Kalligraphie. Julien Fourniés pure und majestätische Linien erwachten zum Leben in futuristischen Burnussen. Schräg geschnittene Tageskleider und Roben in Prinzessinnenlinie waren geschmückt mit opulenten Körpergurten, deren Wulste wiederum mit korallenroten, türkisen oder taubengrauen Strass-Steinen und Tuareg-Fibeln aus Silber und Ebenholze verziert waren. Zum Ende der Initiationsreise hin tauchte ein kurvig gleitender Mantel aus hellen Goldpailletten auf, der die Trägerin wie eine futuristische Göttin aussehen ließ. Ihre schlanke Figur, mit einem von Heliopolis inspirierten Flusse von Perlen verstärkt, wurde verlängert durch ein passendes Bakelitkopfstück, das nach der Intention des Modeschöpfers die Heiligkeit ihrer Schönheit besonders betonte.


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