La mer

Fische, Korallen, Algen – und die Mode

Finale der Modenschau „ELIE SAAB“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 17. November 2014

Obwohl der elektronische Veranstaltungskalender der Fédération Française de la Couture, du Prêt-à-Porter des Couturiers et des Créateurs de Mode in der Überschrift den Begriff „défilés“ enthält, bedeutet dies nicht, daß in der Prêt-à-porter-Woche über neun Tage hinweg nur Modedefilees im eigentlichen Sinne veranstaltet werden. Bei der einen oder anderen Veranstaltung kann es sich um eine Modeinstallation handeln.

Eine solche Modeinstallation war am 30. September 2014 in der Ausstellungshalle „Jeu de Paume“ zu sehen. Für den Frühling und Sommer 2015 tauchte die japanische Modeschöpferin Junko Shimada in der Welt der Stille ein. Fische, Korallen, Algen, Kopffüßer und Fabelwesen wurden eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration für die zappelige Kollektion von Vitalität und Erfindung. Nach der Lektüre des Werkes „20.000 Meilen unter dem Meer“ mit den maritimen Herausforderungen und Abenteuern erschuf Junko Shimada eine neue, von fantastischen Kreaturen bevölkerte Welt. In der Tat war die Kulisse für die Mannequins überaus maritim; vor allem ein riesiger Schwarm unzähliger gläserner Sardinen hing von der Decke herab und bildete derart sowohl mit der Gesamtheit der ganzen Tierkörper als auch mit jeder einzelnen durchbrochenen Körperform einen fein strukturierten Hintergrund, dessen blauer Schimmer das Meeresambiente verstärkte. Diese Unterwasserwelt gestaltete der französische Bildhauer Marc Coville (Marcoville). Die Musik stammte vom Pariser Diskjockey und Inhaber der Kreativagentur „Mr. L'AGENT“ Alexis Le-Tan.

Junko Shimada ordnete die einzelnen Stücke der Kollektion bestimmten maritimen Typen zu. Navigatorinnen in kostbarer Sportkleidung schienen wie für die Fischerei geschaffen zu sein: ein schwarzes Netzkleid mit aufgenähten Perlen, ein schwarzes Netzhemd ohne Perlen, das Nylon transparent. Die Goldschwimmer und Silberschwimmer wärmten sich mit Maxipullovern aus Baumwolle, Leinen oder Mohair. Seide, schwarz und elfenbeinfarben gestreift, stand wie unberührter Popeline für Fahrtensegler. Zu Nymphen-Matrosen paßte gefleckter Seidengaze, während Schuppen aus Lackleder an einen Steinbutt erinnerten und Steppintarsien mit Orcaflecken in Verbindung standen. Bei den Naiaden brachte Junko Shimada den scharlachroten Kopfputz der Modelle und einen Oktopus in eine Beziehung. Der Traum der Sirenen war gespickt mit Schuppen und Organzafasern. Dem Betrachter erschloß sich ein bunter Meeresgrund. Die Gezeiten fanden sich letztendlich in den langen fließenden Silhouetten bei Roben, Tuniken, Hosen und Mäntel wieder.

Der portugiesische Modeschöpfer Luis Buchinho empfing das Publikum in der Bibliothèque Nationale de France – Site Richelieu-Louvois. Die neue Kollektion war aufgeladen mit Weiblichkeit und Sinnlichkeit. Luis Buchinho erwartete für die kommende Saison Freude und Wohlbefinden; das Wesen sollte leicht und dynamisch sein. Die Silhouetten waren verführerisch und strahlten den Geist von Menschen in der blütenden Mitte ihres Lebens aus, so als kämen sie soeben frisch und locker von einer „Pool-Party“. Die Cocktailkleider waren schick und elegant. Ausgangspunkt war hier die sportliche Paßform retrospektiver Badeanzüge. Der Partygeist drückte sich in femininen und berauschenden Pastellfarben aus, die an Blumen und exotische Cocktails im grellen Sonnenlichte denken ließen: Lichtgrün, Himmelblau, Hautfarbe, Lila und weitere Violettschattierungen. Für farbliche Akzente sorgten Schwarz, Weiß und Magenta in etlichen Schattierungen. Strukturierte Stoffe wie Seidentaft oder weich gestrickte Viskose oder Seide wurden mit Spitze gekoppelt. Seidenorganza und Seidenmusselin in reiner Beschaffenheit bewirkten einen transparenten Effekt.

Ein Garant für anspruchsvolle Modepräsentationen, die es nicht zu verpassen gilt, ist ohne Zweifel der libanesische Modeschöpfer Elie Saab. Am 29. September 2014 verwöhnte er erneut das Publikum des Veranstaltungszeltes im Jardin des Tuileries, indem er ihm einen reichen Strauß Farben und Formen bescherte. Jedes Stück der Kollektion war ein optischer Genuß.


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