Für das Gelingen einer Modepräsentation kommt es nicht bloß auf die Choreographie und die Musik an. Die Kulisse, genauer gesagt die Beschaffenheit und Herrichtung der Veranstaltungsstätte, ist desgleichen von Bedeutung. Die Inszenierung überzeugt das Publikum dann, wenn alles aufeinander abgestimmt ist und in Wechselwirkung steht. Bestenfalls kommt ein Gesamtkunstwerk heraus.
Der Pariser Modeschöpfer Maxime
Simoëns veranstaltete am 28. September 2014 zum zweiten Male ein
Modedefilee in der Veranstaltungsstätte „Serre de l’Orangerie du
Parc André Citroën“. Die Räumlichkeit fiel durch drei
riesige Fensterfronten und eine aus verschieden farbigen, Licht
durchlässigen Rechtecken bestehende vierte Front auf. So
ließ das durch alle Seiten einfallende Sonnenlicht die
vorgeführten farbigen Kleider in idealer Weise erstrahlen. Die
Kollektion „Pixel“ war für Maxime Simoëns eine „Reise ins
Herz der Bilder, ein Eintauchen in die Tiefen der Farbe“ und ein Spiel
mit der Farbe. Die „retro-futuristische“ Silhouette, die A-Linie, das
Rockende schon am Oberschenkel sorgten für gute Laune, die
für den Modeschöpfer an erster Stelle stand. Die Kleider
waren perfekt für ein Wochenende am Meere. Populärer
Optimismus und die Sorglosigkeit der 1960er Jahre waren die dazu
passenden Stichworte für den Modeschöpfer. Nach seiner
Intention waren die Kleidungsstücke sanft graphisch und
bekleideten unter Vermeidung glamouröser Klischees den Körper
ohne Einschränkung.
Um so mehr lag der Fokus auf dem
Vergnügen, sich einfach nur auf sich selbst zu konzentrieren:
feminin, fröhlich, kultiviert, spaßig und brillant, mit all
der Freude und Leichtigkeit als Begleiter des Sommers. Lust komme durch
Farbe, konstatierte Maxime Simoëns. Die Farbe mochte sich ergeben
durch Einfärbung und Verwischung in der Art des
lettisch-amerikanischen Malers Mark Rothko russisch-jüdischer
Herkunft. In Betracht kamen auch vom französischen Maler Nicolas
de Staël russisch-baltischer Herkunft inspirierte
Farbkombinationen in exklusiven Drucken. Eine Vielzahl bestickter
Quadrate erinnerten an die Werke des französischen Malers und
Bildhauers Daniel Buren. Maxime Simoëns’ Farbpalette sollte somit
ein Gefühl von Freiheit und Schaffenskraft vermitteln. Strickwaren
hatten unregelmäßige Strukturen, wobei Mattigkeit und Glanz
miteinander kontrastierten. Stickerei aus Baumwollfäden war nahezu
unsichtbar für das bloße Auge. Wie Gemälde erschlossen
sich die Kleider nach der Ansicht des Modeschöpfers am besten
durch eine Nahaufnahme. Ein Pinselstrich setzte sich aus Hunderten von
Perlen zusammen. Ein Laserschnitt-Kleid wies eine spinnenartige Textur
auf.
Seladongrün, Pink, Kobaltblau und
Lagunenblau drückten die Attraktivität eines Cocktailgenusses
beim Sonnenuntergange aus. Auf schwarzem Grunde sorgten verzinkte
Metallösen für eine unverzichtbaren Hauch von oranger, gelber
und azurblauer Farbe. Bei den Materialien galt das Prinzip der
Leichtigkeit. Federleichter Chiffon sollte die Stoffe in der Abendbrise
schweben lassen. Das Cape sollte mit der Bewegung schwanken.
Minikleider hatten graphische Origami-Falten. Bei Maxime Simoëns
gab es keinen Zusammenprall der Kulturen, sondern einen „Zusammenprall
der Materialien und des Glanzes“, und zwar eine Mischung aus Lackleder,
Stickerei und Gürtel. Von Jelly inspirierte Schuhe wurden mit
farbigen Ledersocken getragen. Alles in allem war die Kollektion der
Ausdruck einer in ornamentale Motive übersetzten Geisteshaltung,
für welche Maxime Simoëns die Begriffe Energie, Bewegung,
Vergrößerung und Unendlichkeit nannte.
Der indonesische Modeschöpfer Tex
Saverio, Absolvent der Designschule in Jakarta, gründete seine
Marke im Jahre 2010. Seine zwischen der Haute Couture und der
Prêt-à-porter-Mode angesiedelte Kleidung wird
gewöhnlich mit den Begriffen „dramatisch“, „theatralisch“ und
„spektakulär“ beschrieben. Im Palais de Tokyo präsentierte er
in Form einer mit Lichtern und Schatten arbeitenden Modeinstallation
die zehnteilige Kollektion „PARAMETRIC“. Das Konzept der Kollektion
bestand im Halten der vorgegebenen Struktur sogar in der Bewegung,
weshalb die Silhouette einen starken geometrischen Charakter hatte. Die
Silhouette ergab sich aus den Kleideroberteilen mit ihren
unterschiedlichen Formen und Ausschnitten. Hinzu kamen knielange
Röcke, der typische Tellerrock, Bustierkleider und ausgestellte
Kleider.
Bei den Materialien war das PU-Hologram
eine Besonderheit. Bedruckter Seidenorganza und bedruckte Duchesseseide
verstärkten die futuristische Note der Kollektion. Der Textur
stand einer transparenten und matten Oberfläche gegenüber.
Farbtöne wie Schneeweiß, Aquablau, Silbergrau und
Tiefschwarz sollten in Abkehr zu den Tönen der letzten Kollektion
- feuriges Blau, Champagnerfarbe, Platin, Gold - zum Träumen
anregen. Verschiedene Techniken wie edle Drucke sowie Terrakotta-,
Mosaik- und Zitadellen-Laserschnitte wurden eingesetzt, um die Idee der
symmetrischen Reflexion des Lebens durch das Schaffen von
3D-Kunstwerken in dieser Kollektion zu verwirklichen.
Eine Modeinstallation der besonderen Art
erlebte das Publikum noch beim belgischen Modeschöpfer Jean Paul
Lespagnard. Seine Mannequins gruppierten sich um ein sich durch zwei
Räume in endloser Runde bewegendes Fließband, auf dem
Plastikflaschen in Endlosschleife transportiert wurden. Die Mannequins
in den Kleidern der Kollektion „LE SAVOIR-FAIRE“ waren übrigens
auch auf den Flaschen, die Senf enthielten, abgebildet.