Fausts Verdammnis

Halbzeit in der Pariser Modewoche

Finale der Modenschau „VÉRONIQUE LEROY“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 14. November 2014

In Paris zählt der Pont Alexandre III zu den beliebten Veranstaltungsorten für Modepräsentationen. Streng genommen, ist nicht die Brücke selbst die Veranstaltungsstätte, sondern es handelt sich um einen der Clubs, die an beiden Seineufern Teile des Bauwerkes sind. Sie heißen: „SHOWCASE“ und „FAUST“.

Die australische Modeschöpferin Kym Ellery präsentierte am 27. September 2014 zum dritten Male eine Kollektion in der Pariser Modewoche. Im Club „FAUST“ waren lässige Hosen, Tops mit ausladenden Schößchen, Blusen mit überlangen Ärmeln, Jacken mit hohem Nacken und Jacken mit Wickelärmeln zu sehen. Bei den Farbtönen waren Karmesinrot, Marineblau, Sandfarbe, Grau und Cremeweiß anzutreffen.

Im Palais de Tokyo zeigte die aus Belgien stammende und in Paris tätige Modeschöpferin Véronique Leroy die Kollektion „Bourgeoise soudainement déclassée“. Protagonistin war eine Frau, die in einer unerwartet traumhaften Weise ihren verlorenen sozialen Status wiedererlangte, jedoch nunmehr mit dem Ruche der Bohèmienne. Es handelte sich gewiß um eine gefallene Frau, die dennoch ihr Gesicht zu wahren wußte. Erhobenen Hauptes trotzte sie den Autoritäten und überging die Zwänge hergebrachter Bekleidungsregeln, welche ihr die Gesellschaft auferlegt hatte. Eine solche Nonchalance mußte die Mitmenschen einfach elektrisieren.

Für Véronique Leroy war es ein spannender Vorgang, wenn Stoffe, die einer gewissen Mutation durch die Mode unterlagen, ihre Einzigartigkeit behaupteten und das Kleidungsstück mit graphischer Resonanz betonten. Hier driftete ein geflochtenes Netz aus Baumwolle zu großen Maschen und Hohlsäumen ab. Da wurde eine elegante Mischung aus Seide und gefalteter Baumwolle von farblich kontrastierenden Riemen, was an Sportkleidung erinnerte, zu Leben erweckt. Dort wurde Denim, mit Netz laminiert, in einer leicht sichtbaren zweifarbigen Beugung wiederbelebt. Tüll war die Grundlage für perforierte, geflochtene Stickereien. Es kultivierte sich ein hybrider Chic. Die Taillen sollten geschmeidig sein. Mit der Farbpalette wollte Véronique Leroy schockieren: Tiefschwarz, Schokoladenbraun, gedämpftes Khaki, gebranntes Orange, rötliche und goldene Beigetöne, reines Weiß, Kreideweiß sowie Himmelblau.

Hervorzuhebende Stücke, die Frische und Lässigkeit einforderten, waren ein bis unter die Waden reichendes, mit Maschenhohlsäumen aufgehelltes Kleid mit verdreht aufgesetzten Taschen in Reliefkette, ein langes sportliches Kleid aus Seide und eines aus gefalteter Baumwolle mit gleichmäßig und natürlich fließenden graphischen Streifen, eine vernetzte kastenförmige Jeansjacke über einem geschlitzten Rocke sowie ein mit geflochtener Stickerei faszinierend perforierter Reißverschlußparka. Für die Handgelenke empfahl Véronique Leroy sportive Armbänder mit übergroßen Kettengliedern, bei denen patiniertes Metall und Tau miteinander vermengt waren, oder Ärmelaufschläge aus natürlichem Taue und aus Metallperlen. Für einen rohen Chic schlug sie als Fußbekleidung hybride, rückseitig ausgeschnittene Loafer vor.


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