Kein Gewinn!

Mode und Ethik

Mannequins vor der Modenschau „CHRISTOPHE GUILLARMÉ“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 10. November 2014

Es kommt in der Modewoche hin und wieder vor, daß Modemacher selbst als Mannequins die kreierten Kleidungsstücke präsentieren. Was den Studenten des Modeprojektes „#WEISS11“ mit einer Präsentation en plein air in örtlicher und zeitlicher Nähe zu einer anderen Veranstaltung recht war, war auch den Machern der Marke „Verlaine & Rimbaud“ recht. So erschienen der Modemacher Anthony Verlaine und seine Gattin am 23. September 2014 vor dem Palais des Beaux Arts, um die Besucher der Modenschau „ANREALAGE“ sowie Passanten auf die eigene Marke aufmerksam zu machen.

Die Marke „Verlaine & Rimbaud“ verdankt ihre Entstehung einem Unglücksfalle im Jahre 2012. Der angehende französische Diplomat Anthony Verlaine erlitt einen Unfall, der ihm eine lange Zeit der Rehabilitation bescherte. In dieser Zeit widmete er sich mehr der Mode, die ihn wie die Diplomatie seit früher Jugend fasziniert hatte. So begann er Kleidungsstücke zu entwerfen. Das Startkapital betrug nach eigenen Angaben lediglich 2.000,00 Euro. Doch für die Marke war noch ein zweiter Unglücksfall von Bedeutung. Der Unfall in der Kleiderfabrik in Rana Plaza in Bangladesch und die damit zusammenhängende Billigkeit der dort produzierten Kleidung veranlaßte Anthony Verlaine, sich für ein sicheres und gesundes Arbeitsumfeld, für eine angemessene Entlohnung sowie für rechtsverbindliche Verträge einzusetzen. Das Credo lautet, keiner politischen Partei nahezustehen, keine Minderheit zu vertreten und keinen Modestil zu folgen. Daneben ist er überzeugt, daß gerade die Unterschiede die Menschheit einten und daß die Gedanken und Wünsche gar nicht so verschieden seien.

Für Anthony Verlaine ist die Ethik letztendlich wichtiger als das Geschäft. Dies verdeutliche die „humane und ökologische Qualität“ seiner Kleidungsstücke, erklärte er. Insofern kosteten seine Stücke dreimal bis viermal so viel wie vergleichbare Produkte, die nicht seinen ethischen Standards genügten. Bei den Stücken handelt es sich um T-Shirts mit besonderen Drucken, für die nur Tinte verwandt werden soll, die den Zertifikaten „Oeko-Tex Certification“ und „CPSIA Compliant“ entspricht. Das auf allen Stücken zu findende Kennzeichen der Marke ist der Querbinder als Symbol für Eleganz, Protest und Scharfsinnigkeit zugleich. Jedes Hemd ist ein Einzelstück. Alle Produkte stellt ein Handwerker im Herzen Paris’ her. Da Anthony Verlaine will, daß seine Kinder in einer besseren Welt aufwachsen, soll für jedes verkaufte Einzelstück genau ein Euro an die Vereinigungen „AMNESTY INTERNATIONAL“, „GREENPEACE“ oder „WWF“ gehen. Bei der Präsentation trug er übrigens ein Exemplar mit der Devise „Le Pen No gain“.

Im Palais de Tokyo zeigte der Pariser Modeschöpfer Pascal Millet die Kollektion „L’ETE 2015 sous le soleil de Floride!“ Eine sportliche und beruhigte Silhouette ging Hand in Hand mit Gingham-Baumwolle für die Kleider, die an den Art Deco District in Miami erinnerten. Bedruckte Seide, manchmal bestickt, paarte sich mit fließenden und eleganten Formen. Für den Abend empfahl Pascal Millet im Gedanken an Palm Beach sexy Kleider aus Leder oder Baumwolltüll in Kombination mit Smokingjacken, um die Nächte in den Clubs durchtanzen zu können.

Der Pariser Modeschöpfer Christophe Guillarmé empfing seine Gäste wieder im Club „Balajo“, wo er ihnen diesmal die Kollektion „Pop Sylphid“ vorstellte. Bei den legendären Geschöpfen ging es ihm um ein frisches Gefühl aus dem Norden. In die Kollektion zog auch der Geist aus der Fabrik des amerikanischen Pop-Art-Künstlers Andy Warhol ein. Der schillernde und ätherische Aspekt des Nordischen erhielt damit einen Pop-Schliff im Stile Andy Warhols. Das Resultat lautete: ein neongelbes Laserschnitt-Minikleid aus Neopren, goldene Vintage-Spitze entweder auf puderrosa oder auf mangofarbener Duchesseseide, champagnerfarbener oder neonrosa Tüll für transparente, mit Stickerei eingefaßte Dekolletés sowie transparenter schwarzer oder weißer Seidenorganza, mit grauweißer floraler Fadenstickerei in einer „kinetisch künstlerischen Weise“ geschmückt. Christophe Guillarmé, der seinen Stil zwischen Glam’ Rock und Couture verortet, will die Frau zu einer Ikone des Glamours machen. Mit seinen neuen Kleidern sah er sie in einem funky und verschobenen Universum.


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