Das Rad der Geschichte

Halbzeit in der Mailänder Modewoche

Kulisse bei der Modenschau „antonio marras“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 6. November 2014

Es ist immer wieder erstaunlich, wie vielseitig Modeschöpfer kreativ unterwegs sind. So schicken sie in der Modewoche gleich mehr als eine Kollektion ins Rennen um die Publikumsgunst.

Der Mailänder Modeschöpfer Antonio Marras verantwortet nicht nur die Marke „ı’m ISOLA marras“, sondern auch und vor allem die Marke „antonio marras“. Für die Präsentation der neuen Kollektion der Hauptlinie am 20. September 2014 richtete er sich wie letztmals in der Veranstaltungsstätte „Garage Maiocchi“ ein. Als Kulisse diente wieder eine metallene Gerüstanordnung. Anstelle des Mondes und der Bildschirme mit heulenden Wölfen drehten sich diesmal alte lederne Koffer an riesigen, sich unablässig drehenden Rädern. Die mit komplexen geometrischen Mustern, mit Wellenlinien oder mit Kreisflächen versehenen Kleider reichten bis zu den Knien, Waden oder Knöcheln. Als Farben bevorzugte hier Antonio Marras Schwarz und Weiß wie auch verschiedene Grautöne. Breite krapprote und weiße Querstreifen befanden sich an knielangen Kleidern mit Ärmeln oder ohne Ärmel, an Midiröcken, an Miniröcken sowie an Blusen mit dreiviertellangen Ärmeln. An anderen Kleidern trat eine Variation des Streifenmusters mit den Farben Ziegelrot und Himmelblau auf. Das Streifenthema guckte sich Antonio Marras wohl bei Antonio Marras („ı’m ISOLA marras“) ab.

Die Inspiration zur Sonderkollektion der Marke „PIAZZA SEMPIONE“ ging vom Gemälde „Rotazione di ballerina e pappagalli“ des futuristischen italienischen Malers Fortunato Depero, der für seine visuelle und chromatische Konzeption bekannt ist, aus. Die in der Veranstaltungsstätte „SPAZIO BIGLI“ beziehungsweise in dem Palazzo Ponti aus dem Jahre 1630 gezeigte Kollektion der Modeschöpfer Roberto Monti und Marisa Guerrizio, welche die Ikonographie des Malers wiedergab, zeichnete sich durch die Verwendung eines speziellen Pigmentdruckverfahrens beim Schwarz-Weiß-Thema, durch eine besondere matte Ton-in-Ton-Version und durch glänzende dreidimensionale Handstickerei aus. Als Motive erschienen der Tänzer, der Papagei und die Handfläche in dramatischen Pinselstrichen auf dichter, samtiger Baumwolle, die hier als Leinwand fungierte für die anspruchsvollen Tintenspritzer-Graphiken, welche die Kleider, Blusen und langen Tunikaröcke schmückten. Gepaart wurden sie mit Hemden aus Crêpe de Chine oder Baumwolle, die wiederum eine Ringeltaube als Motiv hatten.

Neben den Grundfarben Weiß und Schwarz, auch in Verbindung mit gedruckten Tulpen, drehte sich die sommerliche Farbpalette rund um die Farben Blau und Safarigrün, womit eine Originalzeichnung des besagten Malers aufgegriffen wurde. Sehenswert war auch das Spiel mit weißen und naturfarbenen Bajadere-Streifen. Zu den Materialien gehörten Chambray-Denim, Baumwolle, Baumwollsatin, Baumwollpopeline, Leinenmischungen, fließende Seide und feine Strickwaren. Klare Schnitte, strenge Linien sowie lockere und weiche Silhoutten kamen vor wie bei dem kastenförmigen Top, das über einer Hose mit Biesen, über einem weichen Rocke in Form einer Blumenkrone oder über einem Faltenrocke getragen wurde. Das Schwarz-Weiß-Thema spielte letztendlich mit der Gegensätzlichkeit des Tages und der Nacht. Der stilistische Code der für Weiblichkeit und moderne Eleganz stehenden Kollektion ließ sich auch mit Zusammensetzung und Zersetzung umschreiben.


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