Dem Himmel so nahe

Mode hinter Kirchenmauern

Kreuz ist Trumpf – das Mannequin Bruna Lüdtke vor der Modenschau „CoSTUME NATIONAL“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 3. November 2014

Mailand verfügt neben den Palazzi und Villen mit den vielen alten Kirchen und Klöstern über ein erstaunlich reichhaltiges Reservoir an interessanten Veranstaltungsstätten für Modepräsentationen. Eine dieser bei Modeschöpfern beliebten Örtlichkeiten ist die Kirche Sant’Ambrogio.

In deren Hofe präsentierte die Modeschöpferin Daniela Gregis aus Bergamo am 18. September 2014 wie in den vorigen Saisons ihre neue Kollektion. Himmelblau dominierte alles; Weiß und Lichtrot traten dahinter zurück. Eine fundierte, ausformulierte Begründung dafür hatte Daniela Gregis nicht parat. Vielmehr erklärte sie den Umstand mit gelegentlichen Blicken in den Himmel, wo sie die gleiche Farbe erblickt habe wie die Vögel, das heißt eine Farbe von solcher Beständigkeit, die auch schon ihre Vorfahren gesehen gehabt hätten. Baumwolle, Seide, Leinen und Hanf, mal glatter, mal rauher, waren die verwandten Stoffe. Die Accessoires waren nicht minder sehenswert. Die Kopfbedeckungen glichen Turbanen. Seile und Holz fanden sich als Materialien in den Schuhen wieder. Den schwierigen Entstehungsprozeß – bei jeder verwirklichten Idee tausend nicht weiter verfolgte Ansätze – beschrieb Daniela Gregis als eine Abfolge von Lachen, Ärgern und Abmühen.

Der Mailänder Modeschöpfer Ennio Capasa brachte in Neuinterpretation der 1970er Jahre eine rockige Kollektion seiner Marke „CoSTUME NATIONAL“ unter dem Motto „Evolution“ heraus. Schwarz dominierte das Geschehen im Kunstmuseum „Triennale“. Als Cocktailkleider stellte Ennio Capasa Tunikakleider mit weiten Ärmeln, die entweder einen V-Ausschnitt oder einen Rundhalsausschnitt hatten, vor. Accessoires waren hier Ledergürtel oder Halstücher. Die Kollektion beinhaltete auch asymmetrische Tops mit Ösen, mal mit und mal ohne Ärmel. Das schlichte Tanktop paßte zur engen Hose mit großen Lochnieten. Das ärmellose Blusenwams zu Seidenshorts hatte eine Korsettschnürung. Perforierter Stoff war bei den Miniröcken zu finden.

Zur Abwechslung tauchte Himmelblau dann bei den Zweiteilern aus Shorts und Reißverschlußjacken auf. Die Dreiteiler waren demgegenüber auberginefarben. Die violetten oder fliederfarbenen Tageskleider hatten einen einfachen Volant und asiatischen Neckholder-Kragen. Das Abendkleid gliederte sich in ein schwarzes Oberteil und einen leuchtend nachtblauen Rock; der tiefe Ausschnitt war mit zierlichen Nieten besetzt. Ein anderes Abendkleid fiel durch bodenlange Fransen, die am Bustiertop ansetzten und die Panty überdeckten, auf. Zum Abendmantel gehörte eine große Gürtelschnalle. Die Kollektion richtete sich an vielseitige beziehungsweise vielschichtige Frauen. Bei der Schminke zeigte sich Ennio Capasas Freude an den 1960er Jahren: Porzellanteint, geschwungener Lidstrich mit verlängerten Kanten und farblose Lippen.


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