Auf den Hund gekommen

Mode rigoros weiblich oder burschikos

Mannequins vor der Modenschau „CRISTIANO BURANI“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 2. November 2014

Maskottchen kommen nicht bloß bei Sportvereinigungen vor. Auch Modeschöpfer kommen mitunter nicht ohne sie aus. So steht der Hund, und zwar ein Jack Russell Terrier, für die Marke „ı’m ISOLA marras“ des Mailänder Modeschöpfers Antonio Marras.

Am 17. September 2014 präsentierte Antonio Marras seine Kollektion für den Frühling und Sommer 2015 im Kreuzgange des Restaurants „I Chiostri di San Barnaba“. Die Kollektion war überaus sommerlich und maritim. Neben floral gemusterten Badeanzügen wiesen viele Kleider, Röcke und halbärmelige Jacken breite, abwechselnd marineblaue bis schwarze und weiße Querstreifen auf. Das Querstreifenmuster gab es auch mit Orange und Weiß. Bei der Modenschau durfte das Maskottchen selbstverständlich nicht fehlen. Zum Finale trug ein Mannequin den Hund auf den Armen. Der Hund des Modeschöpfers heißt übrigens Pierivo.

Im Palazzo Clerici zeigte der Modeschöpfer Cristiano Burani aus Carpi bei Modena am 18. September 2014 seine neue Kollektion. Mit sportlichen Details in Pastellfarben wollte er eine neue „rigorose Weiblichkeit“ definieren. Diskreter Reiz und exzentrische Leichtigkeit schwebten ihm dabei vor. Weiß, Rot und Marineblau traten als farbliche Wegmarken hinzu. Bewußtsein und Bestimmung waren für Cristiano Burani die Schlüsselwörter. Ruhige Linien, Auflagen und kalibrierte Transparenz, Volantenden und geriebene Plisseefalten durch kreidige Effekte prägten die Kleider für eine lässige und kühle Haltung. Cristiano Buranis neues Credo lautete „Unisex“, wozu er Stoffe aus der Herrenmode, Jacquardmotive mit großen und kleinen Schachbrettmustern, gebundenes Segeltuch mit Polyuräthansilber mit Knistereffekten, indigoblaues Segeltuch mit händigen Steppstichen und großen Metallknöpfen sowie bedruckte Baumwolle und bedrucktes Nylon einsetzte.

Bei den Materialien galt sowieso die Maxime des Experimentes und der Erforschung. Gefaltetes und gerolltes Leder, mit Satinseide gebunden und mittels Laserschnitten zu großen „Brettern“ zum Durchblicken geformt, kam ebenso vor wie undurchsichtig geschichtetes Segeltuch und handbestickter gebundener Leinen samt geometrischem Ausschnittsdessin oder samt Mikropailletten mit Vichy-Motiven. Bei den Accessoires kamen die Schuhe von der italienischen Marke „JSP Josephine“ und die Brillen von der italienischen Marke „VANNI“. Die Flip-Flops aus Leder hatten eine Gummisohle. Für die sommerlichen Creeper war schachartig bedrucktes Segeltuch und weißes Leder vorgesehen. Stöckelschuhe mit Kesselsohle bestanden aus Baumwolle und Leder. Die Brillen mit runden Gläsern waren aus Aluminium und hatten getrübte Linsen. Die Rucksäcke aus geschachtem Nylon wiesen glasierte Metallenden auf.

Das Thema „Unisex“ war auch der neuen Kollektion „GLIMPSE – THE CHARM OF THE UNIFORM“ der Mailänder Modeschöpferin Gentucca Bini nicht fremd. Ohne Unterscheidung in Frauen und Männer, das heißt in der Überzeugung, daß es hier und jetzt nur noch ein Geschlecht gebe, entstanden die Kleider aus dreien „Sprachen“ – Handwerk, Mode und Design – als Uniformen für das harte Spiel des Lebens, gleichviel ob für die Werktätigkeit oder nicht. Auf die vierzehnteilige Kollektion nahmen etliche den Künsten verbundene Personen mit ihren Wünschen nach Stoffen, Farben, Knöpfen, Reißverschlüssen und Taschen Einfluß: der Architekt Luca Cipelletti, der Maler Roberto Coda Zabetta, der Photograph Rafael Yossef Herman, der visuelle Künstler Sebastiano Mauri, der Kurator Antonio Mondino, der „Creative and Art Director“ Pino Pipoli und der Kurator Massimo Torrigiani.

Massimo Torrigiani dachte an eine Balance zwischen spartanischer Einfachheit und Eleganz. Er wünschte sich geräumige, gepolsterte Taschen zur Unterbringung einer kleinen Bibliothek. In die Brusttasche sollte ein Schreibstift so weit passen, daß dessen Kopf noch herausschaute. Krägen mit Revers sollten gegen Mandarinkrägen austauschbar sein. Geräumige Taschen waren auch Pino Pipoli wichtig, und zwar für einen Flugschein oder ein mobiles Telephon. An den Panta-Overalls durften für ihn zusätzliche kleine Brusttaschen zur Aufnahme von Zigarettenschachteln nicht fehlen. Die Shirt-Overalls sollten aus leichten Stoffen sein und kleine Krägen haben. Große Taschen erwartete er hingegen bei den Mänteln, um sie wie Transportsäcke nutzen zu können. Westentaschen waren gleichfalls unverzichtbar. Sebastiano Mauri sprach sich dagegen aus, technisches Gerät auf der Brust mit sich zu führen; er befürwortete Ärmeltaschen und Schürzen. Luca Cipelletti bevorzugte Overalls mit Revers und Ärmelknöpfen sowie mit Taschen an den Seiten und einer Tasche hinten wie bei Herrenhosen.

All diese Anforderungen hatte Gentucca Bini unter einen Hut zu bringen. Sie freute sich letztlich des Gelingens des Projektes. Das Ergebnis war die Vereinigung von Praktikabilität und Eleganz. Mit ihren vielseitigen Overalls könne sie nach eigenem Bekunden morgens ins Studio gehen, sich mittags mit einen Museumsleiter treffen und abends das Teatro alla Scala aufsuchen, ohne sich zwischendurch zu Hause umkleiden zu müssen. An den Overalls, den universalen Kleidungsstücken für jeden, war noch erstaunlich, daß Gentucca Bini ebenso aus Florenz stammt wie deren Erfinder im Jahre 1919. Die in Apulien gefertigten Overalls, Kittel und Mäntel führten nun am 18. September 2014 Gentucca Binis Kumpel im Laden „VIGANÒ“ ihres Freundes Giulio Velati vor. Die beteiligten Künstler zogen es zwar vor nicht zu erscheinen, waren aber mit ihren Gedanken gleichsam anwesend.


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