Sommerliche Temperaturen locken die Menschen nach draußen. Was liegt da näher, als eine Modenschau unter freiem Himmel zu veranstalten?
So geschah es wieder mit der Marke „on
aura tout vu“. Der Jardin du Palais Royal ist nicht bloß ein
reizvoller Ort. Die Pariser Modeschöpfer Livia S. Stoianova und
Yassen V. Samouilov aus Bulgarien haben es nicht weit zu dieser
Präsentationsstätte, denn ihr Atelier liegt um die Ecke. Ein
Zelt dient dem Zurechtmachen der Mannequins und dem Umkleiden; ein
davor ausgerollter roter Teppich ist der Laufsteg. Davon abgesehen,
verstehen sie es mit ihrer schier grenzenlosen Phantasie jedesmal aufs
neue, Lust auf Mode zu machen. Diesmal, und zwar am 7. Juli 2014, war
das Element Wasser ihr Thema. Sie zeigten einen scharf geschnittenen,
fest mit hellblauen „Wasser“-Flecken gegürteten Trenchcoat.
Bikerjacken, gleichviel ob geschmückt oder nicht geschmückt,
tauchten zusammen mit Kleidchen als Ensembles auf. Plissierte
Chiffonkleider verkörperten den Fluß. Gepolsterte
Blätter an einigen Kleidern ließen ans Flußufer
denken. Die wie Eiskristalle oder Eiszapfen aussehenden Verzierungen
auch an Brillen vervollständigten das eisige Landschaftsbild.
Der Pariser Modeschöpfer Alexis
Mabille präsentierte seine Kollektion „Le grand frisson“ in den
Salons des Hôtel d’Evreux. Inspirationsquelle war
erstaunlicherweise diesmal die Herrenmode. Zugrunde lag ein Zitat der
amerikanischen Autorin und Regisseurin Susan Sontag: „Was am
schönsten in virilen Männern ist, ist etwas Weibliches; was
am schönsten in femininen Frauen ist, ist etwas Männliches.“
In jedes Kleid integrierte Alexis Mabille einige Elemente
männlicher Bekleidung. Beispielsweise erinnerten Revers und
Knöpfe in zweien Reihen an Herrenjacketts. Trotz männlicher
Note nahmen die opulenten Abendroben ihren Trägerinnen nicht die
Weiblichkeit.
Der aus Syrien stammende und in Dubai
tätige Modeschöpfer Rami Al Ali veranstaltete eine
Modeinstallation auf der Eingangstreppe des Museums „Les arts
décoratifs“. Es war seine sechste Saison in Paris. In der
für ihn neuen Spielstätte brachte er dem Publikum mit seiner
zwanzigsten Kollektion die Vision eines versteckten Regenwaldes nahe.
Waldgrün, Beige und Gelb gaben die Exotik eines idyllischen
Dschungels wieder. Königsblau, Purpurrot, Rubinrot,
Smaragdgrün und Gold symbolisierten das Naturjuwel. Die Stoffe
paßten zu den ungezähmten Bewohnern in Rami Al Alis wilder
Welt. Es handelte sich um eine Mischung aus Spitze, Seidenorganza,
Seidengaze, Taft und Chiffonlamé. Aufwendig verzierte matte
Pailletten und Kristalle traten hinzu. Die aufwendigen Stickereien und
das dreidimensionale Weben ermöglichten einen Gang in die Tiefe
unterhalb der Oberfläche, einen „Durchgang in den innersten
Baldachin des Regenwaldes“. Die Silhouetten ergaben sich aus Kurven und
Linien, die flüssig am Körper entlang glitten. Die klassische
A-Linie erfuhr eine moderne Umarbeitung mit kupierten Fronten der
voluminösen, vielschichtigen Röcke, die spontane Einblicke in
das Innenleben der aufblühenden Natur gewährten.