In Paris gab es diesmal eine lange Haute-Couture-Woche. Vom 6. Juli 2014 bis zum 11. Juli 2014 präsentierten viele Modeschöpfer innerhalb und außerhalb des offiziellen Kalenders der Fédération française de la Couture, du Prêt-à-Porter des Couturiers et des Créateurs de Mode ihre neuen Entwürfe. Wie in früheren Saisons beinhaltete neben der Haute Couture das Programm Haute Jouaillerie und Haute Coiffure.
Ein Neuling unter den Modeschöpfern,
die ihre Kollektionen im Rahmen der Haute-Couture-Woche
präsentierten, war die Pariserin Stéphanie Coudert, die
nach einer anfänglichen Modenschau zehn Jahre lang als Schneiderin
mit den Bezeichnungen „couturière en chambre“ beziehungsweise
„couturière particulière“ Einzelstücke für eine
kleine, aber erlesene Kundschaft – etwa dreißig Stammkundinnen
–gefertigt hatte und seit dem Jahre 2009 in Belleville eine Boutique
samt Atelier hat. Ihr Credo lautet: „Eine Frau, ein Kleid“. Ihren Stil
umschreibt sie mit Volumen, strukturierter Unschärfe, Verfeinerung
und Bewegung. Gleichviel ob ein Kleid für den Tag, Abend oder
sportlichen Anlaß bestimmt ist, soll es tragbar sein
gemäß der Devise: „Die französische Eleganz muß
kultiviert werden.“ Gymnastik und Eislaufen verschafften
Stéphanie Coudert die nötige Sensibilität, um die
Erscheinung von Tänzerinnen zu erfassen und in ihre Entwürfe
einfließen zu lassen. Anders als andere Modeschöpfer beginnt
sie dabei nicht mit der Zeichnung, sondern mit der Arbeit an der
Büste wie ein Bildhauer.
Manchmal sind es Zufälle, die das
Leben entscheidend verändern. So wurde ein Pariser Industrieller,
der nach eigenem Bekunden die Handarbeit liebt, auf die an der
École des Arts décos und dem Institut français de
la Mode geformte Stéphanie Coudert aufmerksam. Er stellte ihr
das eigene Werk zur Verfügung, um die Kollektion für den
Herbst und Winter 2014 herzustellen. Ihre fünf Maschinen gelangten
dazu aus dem eigenen Atelier ins fremde Werk, wo mehr Menschen die
Kleider nähen konnten. Didier Grumbach, der Präsident der
Fédération française de la Couture, du
Prêt-à-Porter des Couturiers et des Créateurs de
Mode, war so von ihr begeistert, daß er sie zur Mitwirkung im
Rahmen des offiziellen Modekalenders einlud. Mit dieser
Unterstützung kam es am 6. Juli 2014 im Hôtel Salomon de
Rothschild zu der Modenschau, mit welcher Stéphanie Coudert
endlich ins Rampenlicht der Weltöffentlichkeit trat. Daß
Stéphanie Coudert in Teheran, Bagdad und Versailles aufgewachsen
war, merkte man letztlich ihren leicht orientalisch anmutenden Kleidern
an. Nicht von ungefähr hieß die neue Kollektion „CROISADE“
und stand mit der mittelalterlichen Muse Eleonore von Aquitanien ganz
im Zeichen des Hofes von Poitiers sowie der Welt der Ritter,
Troubadoure und Kreuzzügler mitsamt höfischer Liebe. Orient
und Okzident hatten sich damals auch mit der vorgeschlagenen ehelichen
Verbindung zwischen al-Adil Abu Bakr (Saphadin) und Johanna von England
gegenübergestanden. Die Verwendung moderner Materialien wie des
Neoprens für die Abendroben war jedoch kein Bruch mit dieser
Inspiration.
Am 7. Juli 2014 folgte in den Sälen
der Botschaft des Königreiches der Niederlande die
niederländische Modeschöpferin Ilja Visser mit der
Präsentation der neuen Kollektion ihrer im Jahre 2005
gegründeten Couturemarke „ILJA“. Asymmetrie zog sich durch die
gesamte Kollektion. Schwarz, Weiß, Scharlachrot und Nachtblau
waren hier die häufigen Farben bei den teils mehrfarbigen, teils
einfarbigen kurzen Kleidern und lockeren Hosen. Der
Frisurenschöpfer Charlie Le Mindu veranstaltete am gleichen Tage
in der Galerie „JOYCE“ eine Ausstellung mit seinen aktuellen
Haarkreationen unter dem Motto „PARIS HAIT GRIS“. Um die Ausstellung
etwas lebendiger zu gestalten, ließ er Mannequins in haarigen
Ganzkörperkostümen innerhalb und außerhalb des
Ausstellungsraumes umhertollen. Die Spaziergänger im Jardin du
Palais Royal staunten nicht schlecht über die Wesen, die aus einer
anderen Welt zu stammen schienen.