Nosferatu und der rufende Wolf

Kleider zum Gedenken und Gruseln

Stärkung für die Beteiligten der Modenschau „ODEEH“  (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 7. April 2014

Damit die Modewoche nicht zu eintönig verlaufe, belassen es die Modeschöpfer nicht bei den klassischen Defilees. Hin und wieder greifen sie zur Abwechslung auf die Präsentationsform der Modeinstallation zurück.

Die Kollektion „VESPER BLOOM“ der Marke „littleshilpa“ lockte das Publikum zur vorgezogenen Geisterstunde am 2. März 2014 in den Keller einer Pariser Buchhandlung. Die indische Modeschöpferin Shilpa Chavan bezog ihre Inspiration aus den dunklen Künsten und aus der Abendaktivität von Lebewesen, für die es in der englischen Sprache den biologischen Begriff „vespertine“ gibt. In dieser Vorstellung standen Schatten für das aktive abendliche Blühen und Gedeihen, für Organismen, die erst nachts richtig lebendig werden. Da in diesem Sinne nichts so makaber beziehungsweise großartig ist wie die pechschwarze Leinwand der Nacht, durchzog Schwarz als die Farbe der Endgültigkeit die Kollektion und kanalisierte die Stimmung in eine wundersame Richtung. Dort, wo nach einem nüchternen Tage Mauerblümchen blühen und wildes Gras sich nach den Echos des seligen Namenlosen biegt, war die Kollektion beheimatet. Der Übergang zur Nacht, in welcher Nachtschwärmer in der Dunkelheit versickern und Schock verbreiten, in welcher der dunkle Ritter schaltet und waltet, markierte den Punkt, an dem das Drama in Form der Modeinstallation seinen Lauf nahm.

Während auf der hintergründigen Leinwand an der Kellerwand Ausschnitte aus alten Gruselfilmen, insbesondere aus der Hand des expressionistischen Filmemachers Friedrich Wilhelm Murnau, zu sehen waren, führten die Mannequins davor die Kleider mit gespensterhaften Bewegungen vor. Für den Einsatz einer breiten Palette kontrastierender Gewebe und Stoffe bekannt, fanden in dieser Saison Federn, Tüll, Vlies, Leder, Plexiglas und Spitze Verwendung. Die Kollektion ist ein Nebeneinander von dramatischen und tragbaren Stücken einschließlich der Kopfbedeckung: glitzernde Zylinder, Federn, Metallgitter, Rosenkränze, Plexiglas und linsenförmige Augen, die blinkten; Halsschmuck und Schulterklappen bildeten in dieser Saison einen Zusatz. Sweatshirts hatten wollene Krawatten, Taschen wie bei Safarianzügen oder Revers aus Spitze, Tüll und Seide. Bestimmte Stücke hatten 3D-Flügel an den Ärmeln, die aus Jerseybändern bestanden und „geschredderten“ Fledermausflügeln glichen.

Die neue Kollektion der im Jahre 2010 geschaffenen Marke „MÊHLÊ“, welche die Londoner Modeschöpferin Maja Mehle aus Slowenien zusammen mit dem Londoner Filmemacher und Graphiker Miha Fabio Kalan aus Slowenien im Gedenken an die mittlerweile vierzig Jahre zurückliegenden Olympischen Winterspiele in Sarajevo entworfen hatte, wurde auf der Modemesse „(capsule)“ vorgestellt. Blickfang war selbstverständlich der auf den Kleidern abgebildete Wolf, der dem den Namen des Austragungsortes rufenden Maskottchen der Spiele nachempfunden war. Die Kleidung zeichnete sich durch eine Verbindung traditioneller Schneiderkunst und technisch innovativer Materialien aus der Sportbekleidung aus. Typisch waren ebenso scharfe, funktionale Silhouetten. Der Stil oszillierte zwischen Androgynität und Femininität.


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