Eine haarige Sache

Haute Couture trifft Haute Coiffure

Der Modeschöpfer Éric Tibusch zwischen seinen Modellen (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 3. Februar 2014
Paris ist nicht nur das Zentrum der Haute Couture, sondern auch der Haute Coiffure. Was wäre schon ein tolles Kleid ohne eine extravagante Frisur? Ein berühmter Repräsentant der Haute Coiffure ist der Starfriseur Charlie Le Mindu.

In der Haute-Couture-Woche am 20. Januar 2014 elektrisierte Charlie Le Mindu das Publikum im Laden „DS WORLD“ mit seinen neuen Frisurkreationen. Die Kollektion „Stronger“ für den Frühling und Sommer 2014, aus der Begeisterung für die Seapunk- oder Spacepunk-Bewegung entstanden, galt der Entdeckung einer neuen Welt, in der man noch nicht ist, die aber der nahen Zukunft erreichbar und greifbar sein wird. Phosphoreszierende Farben eröffneten mit Hinweisen auf moderne Technologien und die Technomusik eine futuristische Perspektive. Dabei stand der Kollektionsname für die geleistete schwere Forschungsarbeit in der Schwerelosigkeit der extremen und energetischen Weiten des Weltraumes. In der Herstellung der Farben zeigte sich eine technische Meisterschaft, da es nötig gewesen war, mehrere Monate lang in Dunkelheit mit Schwarzlichte zu arbeiten. Daneben wurden sechs verschiedene Zöpfe mit Stickerei kombiniert. UV-Licht in der Dunkelheit oder auch Tageslicht waren die Zutaten, um das Ergebnis dieses Schaffensprozesses mit allen Details in seiner vollen Wirkung betrachten zu können. Eine Ausstellung mit haarigen Werken aus der Vergangenheit rundete die Veranstaltung ab.

Der libanesische Modeschöpfer Tony Ward ließ sich für seine Kollektion für den Frühling und Sommer 2014 von der Architektur und von Origamiblumen, und zwar in voller Blüte vorgestellt, inspirieren. Seine Vision war eine Romantik, die mit modernen Strukturen kollidiert. Die Umsetzung war eine Interpretation mit verschiedenen Schnitten, Formen und Volumen sowie ein Spiel mit Farben, Materialien und Linien. Lila, Gelb, Silbergrau und Schamröte trafen auf eine Schwarz-Weiß-Grafik. Die Materialsammlung umfaßte handbemalte Duchesseseide, Chiffon, Seidengaze, bestickter Tüll und Makrameespitze. Die Silhouetten und die Vielfalt der Schnitte in ihrer Präzision waren markante Zeichen der Kollektion. Unregelmäßige und ruckartige florale und geometrische Formen spielten ebenso eine wichtige Rolle, indem sie nach der Intention des Modeschöpfers den Raum in drei Dimensionen definierten. Das Resultat stellte Tony Ward nun im Hôtel Salomon de Rothschild vor. Im Festsaale der Bürgermeisterei des 4. Arrondissements stellte der Pariser Modeschöpfer Éric Tibusch starke, selbstbewußte Frauen vor. Neben dem Trenchcoat als Klassiker mit militärischer Herkunft machte eine braune dekolletierte Jacke mit locker herabhängenden Ketten die Trägerin zur Kämpferin. Eine ruhige Kollektion bescherte der Pariser Modeschöpfer Georges Hobeika dem Publikum. Cremeweiß und zartes Gelb, beispielsweise an seidenen Kleidern, waren im Palais des Beaux Arts häufig zu sehen. Ein Blickfang war überdies eine kurzärmelige Jacke mit gekerbten Rändern.

Seine fünfte Saison in Paris feiernd, stellte der Modeschöpfer Rami Al Ali aus Syrien seine neue, auf John Everett Millais’ Gemälde von William Shakespeares tragischer Heldin Ophelia zurückgehende Kollektion im Hotel „LE MEURICE“ vor. Das empfindliche Gleichgewicht zwischen Stärke und Zerbrechlichkeit wahrend, stand Ophelia für die Illusion der Liebe an ihrer verwundbarsten Stelle. Die alles beherrschende Natur mit ihren unheimlichen Wendungen war das Symbol für eine tiefere Emotion als in Wahnsinn und Tod endende Liebe und romantische Schwärmerei. Dies und die Fähigkeit des Malers, eine Tragödie in Schönheit zu wenden, bildeten die perfekte kreative Leinwand für Rami Al Alis Werk. Für die Verschmelzung von Mode und Kunst setzte Rami Al Ali auf lockere Konturen und fließende Stoffe. Pastelltöne dominierten die Farbpalette mit Schattierungen von Minze, Weizen, Lavendel und Rose. Violett und Korallenrot setzten kräftige Akzente hinzu. Die femininen Silhouetten ergaben sich aus mit modernen Techniken erreichten Schrägschnitten als Hommage an den einstigen Pariser Modeschöpfer Lucien Lelong. Rami Al Ali blieb sich treu, indem er wieder facettenreiche florale Details in Beziehung zum gewählte Thema setzte. Die bodenlangen, reizvoll drapierten Kleider waren wie das besagte Gemälde Meisterwerke. Es war nur schade, daß er diesmal für die Präsentation der fünfzehnteiligen Kollektion auf die Mithilfe von Mannequins verzichtete. Am menschlichen Körper wäre die dramatische Wirkung noch eindrucksvoller gewesen.


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