Zu den Modeschöpfern, die in der Pariser Prêt-à-Porter-Woche ihre Kollektion für den Frühling und Sommer 2014 präsentierten, gesellten sich auch kreative Köpfe aus Finnland. Unter dem Motto „Pre Helsinki SHOWROOM“ stand am 25. September 2013 die Galerie „CHAMPAKA“ offen, um die Präsentationen der Modeschöpfer der Aalto University School of Arts, Design and Architecture mit einem Cocktailglase in der Hand hautnah zu erleben. Es war dabei interessant zu sehen, wie sich ein sportiver Anzug wahlweise mit Sweatshirt oder T-Shirt kombinieren läßt. Doch erschöpfte sich der Modetag nicht alleine in Schauraumpräsentationen; es gab ebenfalls viele Défilés zu sehen.
Der Pariser Modeschöpfer Christophe
Guillarmé, dessen kreatives Schaffen bis auf die erste
Kollektion aus dem Jahre 1998 zurückreicht, bevorzugt einen „Mix
zwischen Glam’ Rock und Couture“. Sein überaus femininer Stil gilt
für Ikonen des zeitgenössischen Glamours. Für seine
Kollektion „Lady Garage“ speiste sich die Inspiration aus dem Glamour
der Hollywoodstars und der New Yorker „High Society“ der
Nachkriegszeit. Man stelle sich eine Szene in den 1950er Jahren vor,
worin zwischen Madison Avenue und Park Avenue Doris Herzog und Barbara
Hutton nach einer Ballettprobe auf die britische Primaballerina Margot
Fonteyn in ihrem Tutu treffen. Es war also der „New Look“ neu zu
interpretieren.
Für die Präsentation der neuen
Kollektion suchte sich Christophe Guillarmé, zum Titel „Lady
Garage“ passend, den Hof des Automobilhauses „RENAULT
RÉPUBLIQUE“ aus. Um das goldene Zeitalter der Haute Couture
angemessen zu würdigen, lag nichts näher, als reines
Weiß, Champagner und Beige zu wählen. Lebhafte
Grundtöne wie Fuchsienrot und Korallenrot sollten ebenso wie die
schwarzen Verzierungen und das Spiel mit Transparenz die Abendroben und
Cocktailkleider für den exzentrischen und ungenierten Auftritt zum
Leben erwecken. Neben Zweite-Haut-Jersey sorgten Spitze, Duchesseseide
und Chantilly-Tüll für die nötige Portion Eleganz in der
Haltung und im Schritte. Der rote Lippenstift rundete das
Erscheinungsbild ab und machte die Trägerin bereit für ein
neues „Frühstück bei Tiffany’s“ …
Die Modeschöpferin Stephanie Hahn,
die nach Erfahrungen in Berlin ihre eigene Marke „22/4_Hommes_Femmes“
in Düsseldorf geschaffen hatte, will ihre Kunden mit handgemachter
und akribisch gefertigter Kleidung, das heißt mit „Liebe zum
Detail“, erfreuen. Dem Markennamen liegt der Gedanke zugrunde, die
Parameter, welche die Damen- und Herrenmode bestimmen, nachvollziehbar
zu machen. In einer Branche mit anspruchsvollen Messungen und
technischen Proportionen bildet die einfache mathematische Gleichung „2
+ 2 = 4“ die Grundlage, indem sie auf die Philosophie des Dualismus,
die Reinheit in der Herangehensweise und die hohen
Qualitätsstandards der Marke hinweist. Das Prinzip hinter jeder
Kollektion ist ein von herkömmlichen Geschlechterrollen befreiter,
dezent luxuriöser Stil, der stets auf der Neuinterpretation
traditioneller männlicher Schneidertechniken beruht. Mit der
Verarbeitung edler italienischer Materialien zollt sie den Fertigkeiten
der Ahnen Tribut.
Die Verwischung der Geschlechtergrenzen
zeichnete auch Stephanie Hahns neue Kollektion aus, die in der
Veranstaltungsstätte „Espace Commines“ präsentiert wurde. Bei
der Damenkleidung bezog sie sich auf die Tennisspielerin Suzanne
Lenglen („Die Göttliche“) und deren nonchalanten Glamour in der
Jazzära. Diese Teilkollektion durchzog eine sportliche Eleganz und
Lässigkeit, die von pragmatischen Formen und den Kontrasten der
Proportionen lebte sowie ein lebendiges Aussehen vermittelte. Lange
Overalls, Etuikleider und Bustiers aus Popeline folgten aufeinander.
Ein quadratisches Bustier à balconnet offenbarte ebenso eine
mutige und zugleich zarte, feminine Seite wie eine Häufung von
kräftigem Rosa. Ein Hauch von Sinnlichkeit umgab hier die
Mannequins in den Kleidern, während es bei der Herrenkleidung ein
Hauch von Verwegenheit war.
Eine an den Kragenknopf angenähte Krawatte kam zusammen mit an der Außenseite des Kragens angebrachten Perlmuttkragenstäbchen. Gleichwohl blieb die Silhouette entspannt. Abgerundete Ausschnitte, Schlitzhosen und Sandalen mit Schnallen machten einen sommerlichen Eindruck. Natürliche und schlichte Töne wie Weiß, Schwarz, Ecru, Himmelblau und Marineblau verdeutlichten Stephanie Hahns Gespür für farbliche Balance. Hemden sind aus einer „22/4“-Kollektion nicht wegzudenken. Deren sommerliches Weiß rührte diesmal aus den monochromen Gemälden des amerikanischen Konzeptkünstlers Robert Ryman her. Zum Thema „Roter Teppich“ umfaßte die „22/4“-Kollektion für die kommende Saison auch Abendgarderobe wie asymmetrische Seidenjacken in der Art eines Blazers. In Ergänzung der Modepräsentation gab es für die Gäste als Kontext zu den vorgeführten Kleidern eine Ausstellung mit Originalbildern des bulgarischen Photographen Stefan Milev und die Vorführung eines Kurzfilmes des deutschen Regisseurs Tobias Yves Zintel. Es war alles in allem eine Reverenz gegenüber den surrealen Träumen in den Landschaften des Filmregisseurs David Lynch.
Traumhaftes umgab auch die neue Kollektion
des Japaners Atsuro Tayama. Der eine Vermischung männlicher und
weiblicher Elemente liebende Modeschöpfer nahm das Publikum mit
auf eine Reise in ein Art-Deco-Universum. In der Halle der
Veranstaltungsstätte „Le Laboratoire“ spielte er auf der Basis des
männlichen Anzuges mit Zusammenfügung,
Mißverhältnis und Asymmetrie. Drucke und geometrische
Aussparungen standen in Verbindung mit fließenden,
natürlichen Materialien. Baumwolle, Leinen und Seide
umschmeichelten die weibliche Figur. Von der Reinheit ausstrahlenden
Helligkeit wie bei weißer Bettwäsche geblendet, träumte
sich das Publikum letztlich in einen verzauberten Raum hinein.