Der nahe und der ferne Osten

Höhepunkte am Ende der Pariser Haute-Couture-Woche

Traditionelle chinesische Handwerkskunst (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 4. August 2013

Der chinesische Philosoph Konfuzius hatte einst gesagt: „Der weise Mann ist nicht wie eine Basis oder ein Instrument, das eine Verwendung hat; er eignet sich für alles.“ Daraus entwickelte der Modeschöpfer Laurence Xu, der wie Konfuzius in der ostchinesischen Provinz Shandong geboren worden war, das Motto für sein künstlerisches Schaffen: „Der Schöpfer wird der weise Mann, der uns zu einer poetischen und zeitlosen Reise einlädt.“

Laurence Xu versteht sich zuvorderst als Künstler, der durch seine Entwürfe die Türen zu einer Welt öffnet, in der sich Tradition und Moderne durchdringen. In der Liebe zur Kunst und Geschichte galt es für ihn, die mehr als viertausend Jahre alte chinesische Stickereikunst, welche ihren Höhepunkt zur Zeit der Ming- und Qing-Dynastie erreicht hatte, als grundlegendes Element seiner Entwürfe wiederzubeleben. Für seine Kleider griff er auf die mehr als zehn traditionellen Stickereiarten mit jeweils eigener Charakteristik, technischer Komplexität und kreativer Aussage zurück. Alte Gemälde waren dabei die Quelle, aus der er im Wege „poetischer Übertragung“ die Inspiration bezog. Sich fest auf seine kulturellen Wurzeln besinnend, hatte Laurence Xu die Frau in imperialer und würdevoller Eleganz vor Augen; ihm ging es um die Frau in Harmonie, die eins ist mit sich, ihrer Zeit und ihrer Epoche.

Die Modenschau am 4. Juli 2013 im Grand Salon Mewès der Veranstaltungsstätte „PAVILLON CAMBON CAPUCINES“ machte das Anliegen deutlich, da nicht nur die vorgeführten und ausgestellten Kleider in diesem Sinne waren, sondern auch am Rande des Laufsteges zwei chinesische Handwerker ihr Können zeigten. An den Kleidern offenbarte sich die Perfektion der Stickereitechniken in einem „Strudel von Farben, Mustern und Kontrasten“ sowie in einer Kombination von Werkstoffen. Reich an leuchtenden Farben verbreitete die Kollektion „Hortensia“ eine festliche Stimmung. Der Drache, ein Symbol chinesischer Identität, tat als Motiv ein Übriges, um das historische Vermächtnis des Reiches der Mitte in der Gegenwart zu verankern und für die Zukunft zu sichern. Die Kleider sollten letztlich einzigartig und unverwechselbar sein. Laurence Xu bekannte: „Mode ist ein Lebensgefühl. Jeder hat seine eigenen Gedanken. Die Kreationen, die ich vorschlage sind eine ständige Wiederentdeckung der Neuheit, ein neues Gefühl der chinesischen Tradition, voller Moderne.“

Der libanesische Modeschöpfer Zuhair Murad mit einem Atelier in Beirut und einem Atelier in Paris präsentierte im Hôtel Montmorency seine Kollektion für den Herbst und Winter 2013. Schwarz, Cremeweiß, dunkles Rot, leuchtendes Blau und Smaragdgrün waren für die mondänen Abendkleider vorgesehen. Daneben hatten die dem Grunde nach transparenten Kleider schwarze Aufsätze in Laub- oder Zweigform.

Im Garten der Botschaft von Kanada stellte der aus Jordanien stammende und in Kanada tätige Modeschöpfer Rad Hourani seine neue Kollektion für Damen und Herren vor. Rad Hourani war der erste „Unisex“-Modeschöpfer, der von der Chambre Syndicale de La Haute Couture nach Paris eingeladen worden war. Das auch als Hôtel de Rigny und Hôtel de Fels bekannte Gebäude im Stile des Louis-quatorze war mit seiner Gartenfassade eine wunderbare Kulisse für die minimalistischen Kleider. Ähnlich wie der Pariser Modeschöpfer Stéphane Rolland setzte Rad Hourani auf das Gegensatzpaar Schwarz und Weiß. Allerdings herrschten gemäß seiner „Unisex“-Philosophie bei den Damen die Hosen vor. So wurden beispielsweise zum einen eine schwarze Weste samt weißem Stehkragen mit einer weißen Röhrenhose und zum anderen ein weißer Kurzmantel samt schwarzen Schößen mit einer schwarzen Röhrenhose kombiniert.


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