Stolz wie Oskar

Neue Ideen für die Haute Couture in Paris

Das Auktionshaus „ARTCURİAL“ (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 2. August 2013

In der Mitte der Pariser Haute-Couture-Woche kam viel Sehenswertes auf das Publikum zu. Diesmal brauchte es auf das Modedéfilé des aus Venezuela stammenden und in Paris wirkenden Modeschöpfers Oscar Carvallo nicht lange zu warten.

Am 2. Juli 2013 präsentierte Oscar Carvallo im Festsaale der Bürgermeisterei des 4. Arrondissements seine neue Kollektion „Eagle Eye“, wohinter der Gedanke an die Beobachtung von Vögeln inmitten einer delikaten antiken Winterlandschaft stand. Dazu paßten Abendkleider in Kupfer, Rot, Blau, Weiß und Schwarz. Die leichten Texturen und feinen Spitzen aus Calais, mit gestickten Details kombiniert und von Transparenz unterbrochen, ließen die anspruchsvolle Trägerin zugleich fragil und feminin aussehen, um ihr „Mysterium“ in den Winterhimmel entschweben zu lassen. Oscar Carvallo hatte die futuristische Frau vor Augen, die Vogelkrallen als Accessoires trägt, provoziert und alle Mitmenschen auf einmal berührt.

Der libanesische Modeschöpfer Tony Yaacoub zeigte seine neue Kollektion im Salon Impérial des Hotels „THE WESTIN PARIS“. Für die kommende Herbst-Winter-Saison setzte er, getreu seiner Philosophie, auf eine bewußt vereinfachte und abgespeckte Silhouette. Feine Linien, die sich gleichsam in den Himmel verloren, subtile geometrische Formen und kontrastierende Materialien wie Samt, Crêpe, Laméseide und Paillettenketten prägten die Kollektion. In Etuikleidern verbanden sich Transparenz und Asymmetrie. Sich kräuselnde Jacquardseide gab den Röcken und Schleppen den rechten Pfiff. Rhodoidblätter, deren Feinheit ein Skalpell geschaffen zu haben schien, schillerten unter den Scheinwerfern. Für Tony Yaacoub machte Schmuck die Opulenz der Komposition erst perfekt. Verdrehte barocke Halsketten aus Perlen, Armbänder mit Strass-Steinen und Cabochon-Clips erschienen wie Stickereien. Eine solche Schatztruhe am Körper erweckte ein Bustier zum Leben oder betonte die Hüft- oder Schulterpartie mit einer Kaskade. Smaragd, Saphir, Rubin, Granat und Amethyst funkelten im Lichte der Scheinwerfer so auf, daß die Trägerin herrschaftlich erstrahlte. Dies alles war nach der Intention des Textilkomponisten Tony Yaacoub „Musik für die Augen“.

In den Fluren und Salons der Botschaft der Föderativen Republik Brasilien, stellte der Pariser Modeschöpfer Gustavo Lins aus Brasilien seine Kollektion „021“ vor. Die neue Kollektion des Pariser Modeschöpfers Julien Fournié war im Auktionshause „ARTCURİAL“ am Rond-Point des Champs-Élysées zu sehen. Das Défilé unter dem Motto „Premières Chimères“ brachte dem Publikum das 16. und frühe 17. Jahrhundert näher, da die Frisuren der Mannequins teilweise wie die Morion-Sturmhaube der Landsknechte aussahen, während die Silhouetten der Kleider die Pracht der spanischen Hofmode wiederaufleben ließen.

Auf eine Zeitreise ins 16. und frühe 17. Jahrhundert begab sich auch der Pariser Modeschöpfer Stéphane Rolland. In den schwarz verhüllten Spielhallen des Tennisclubs von Paris erwies er seine Referenz den spanischen Hoftrachten. Kleider, mal lang, mal kurz, teilweise mit Schleppe, mit der für die Hochrenaissance, den Manierismus und den Frühbarock typischen strengen A-Silhouette erhoben die Mannequins in den Rang einer Hofdame. Das neben Kornblumenblau dominierende Schwarz – König Philipp II. hatte schwarze Kleidung bevorzugt – verstärkte die zeremonielle Wirkung wie auch die weißen, an Spitzenkrägen erinnernden Verzierungen an den Dekolletés. Minimalistische Schnitte ließen zusätzlich eine dunkle Romantik aufkommen. Andächtig, gleichsam ins spanische Hofzeremoniell eingebunden, verfolgte das Publikum das Défilé der edlen Wesen.


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