Der Tanz der Monster

Skurrile Briten in der Pariser Modewoche

Totenkult auf britischer Art (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 3. April 2013

In den Pariser Modewochen kommen Modeschöpfer vor, die sich als Einzelkämpfer einer eigenen Modepräsentation bedienen, und solche, die sich mit anderen Modeschöpfern des gleichen Herkunftslandes zu einer gemeinsamen Veranstaltung zusammentun.

Während sich ein paar Pariser Modeschöpfer im Atelier Richelieu und einige Berliner Modeschöpfer in der Veranstaltungsstätte „Espace Topographie de l’Art“ vorstellten, waren die Briten in den Räumen der Agentur „ra“ im 3. Arrondissement anzutreffen. Die Modeausstellung „ARRRGH! Monsters de Mode“ wurde am 2. März 2013 mit der Modeparty „COCKTAIL FOR MONSTERS“ gebührend gefeiert, wozu „all the little monsters of Paris“ herzlich eingeladen waren. Was die Veranstaltung neben den abwechslungsreichen Gesprächen und Getränken so kurzweilig machte, war der britische Humor, der sich an den Details der Installation festmachte, beispielsweise an den mit Zigarren und Banknoten bestückten Totenschädeln.

Der Pariser Modeschöpfer Rabih Kayrouz zeigte seine neue Kollektion am 3. März 2013 im Palais de Tokyo, das in dieser Saison nicht nur das Pressezentrum der Fédération française de la Couture, du Prêt-à-Porter des Couturiers et des Créateurs de Mode beherbergte, sondern auch einer der am meisten genutzten Veranstaltungsstätte war. Bei den Kleidern wollte er sich diesmal nicht auf eine einzige Länge festlegen. Das Ende war teils oberhalb, teils unterhalb der Knie zu finden; manchmal reichte ein Kleid gar bis zum Boden. Der sehr hohe Schlitz einiger Kleider gewährte die in der Politik oft vermißte Beinfreiheit. Die zentrale Bedeutung des Palais de Tokyo machten sich auch nicht an der Veranstaltungsreihe „semaine des créateurs de mode femme automne hiver 2013/2014“ beteiligte Modemacher zunutze. Alexandra Sebbag aus Brüssel ließ für ihre Marke „ARMA CUTIS“ am 2. März 2013 vor dem Gebäude eine Reihe Modelle zu einer beeindruckenden Demonstration mit Fahnen und Parolen aufmarschieren, wobei die Modelle mit Gesichtstüchern unkenntlich waren. In der Modewelt scheint es anders als bei politischen Versammlungen ein Vermummungsverbot nicht zu geben.

Die Abwanderung aus Berlin dauert an. Nach den Modeschöpfern Wolfgang Joop, Andrea Karg und den Machern der Marke „ODEEH“ entschlossen sich nun die Berliner Modeschöpferinnen Alexandra Fischer-Roehler und Johanna Kühl, die neue Kollektion ihrer Marke „kaviar gauche berlin“ nicht mehr in Berlin, sondern in Paris zu präsentieren. Am 2. März 2013 schwebten unter anderem geschlitzte oder transparente bodenlange Kleider über den Laufsteg im Gebäude der Architektenkammer, einem ehemaligen Kloster. Nach der Schau machten aus Freude über den Erfolg etliche Champagnerflaschen die Runde. Der Filmregisseur Oskar Roehler gab seiner Gattin moralische Unterstützung. Wer dann von der Modewoche noch nicht genug hatte, konnte bis in den frühen Morgen auf einer im offiziellen Kalender der Pariser Modekammer ausgewiesenen Party in der Opéra Garnier tanzen.

Manchmal bekommen sogar die Einwohner und Touristen in Paris etwas vom Modegeschehen mit, und zwar nicht bloß wenn es sich um eine inszenierte Modepräsentation in der Öffentlichkeit handelt. So kann eine Fahrt mit der Untergrundbahn sehr aufschlußreich darüber sein, wie rauh es mitunter in der Modeszene zugeht. Nach der Modenschau der Marke „hexa by kuho“ am 3. März 2013 fuhren drei Modelle zur Unterkunft zurück und stritten sich dabei noch spontan über eine Modefrage. Eine der beiden Schwarzafrikanerinnen warf der Serbin vor: „You are ridiculous.“ Die Serbin kommentierte: „She’s a bad girl.“ Welch authentische Emotionen!


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