Neben Paris und Mailand gibt es in London eine beachtenswerte Modeszene. Zweimal jährlich ziehen etliche Modepräsentationen das Fachpublikum, Modebegeisterte und Schaulustige an die Themse. Wie in Paris und Mailand gibt es in London eine Trennung nach Geschlechtern; diesmal ging es um die Damenbekleidung.
Die umfangreichste Veranstaltungsreihe der Londoner Damenmodewoche unter dem Titel „LONDON FASHION WEEK“ organisierte dabei das British Fashion Council. Für die Zeit vom 14. September 2012 bis zum 18. September 2012 waren im offiziellen Kalender einundachtzig Modenschauen ausgewiesen. Die Bedeutung eines Modestandortes hängt in erster Linie von der Qualität der gezeigten Kollektionen ab, doch spielt die Anzahl der Modepräsentationen ebenso eine Rolle. Vergleichsweise umfaßt der Kalender der Chambre Syndicale du Prêt à Porter des Couturiers et des Créateurs de Mode in der Regel mehr als einhundertundvierzig, derjenige der Camera Nazionale della Moda Italiana für die Veranstaltungsreihe „Milano Moda Donna“ mehr als einhundertunddreißig und derjenige der IMG GmbH für die Veranstaltungsreihe „Mercedes-Benz Fashion Week BERLIN“ rund fünfzig Modenschauen.
Zentrum des Geschehens in London war wie in früheren Saisons das am Themseufer gelegene Somerset House, heutzutage eine Stätte für Kunstausstellungen. Für die klassischen Laufstegschauen stand im Innenhofe ein Zelt zur Verfügung. Für Modepräsentationen im kleinen Rahmen konnte der „Portico Show Space“ genutzt werden. Darüber hinaus gab es externe Veranstaltungsstätten wie die Zeltanlage „Topshop Space“ auf dem Bedford Square, die Goldsmiths’ Hall und diverse Hotels. Weitere Räumlichkeiten des Somerset House dienten Modemachern als „Showroom“. London ist ein Hort der Traditionspflege; viele Stätten verdeutlichen beispielsweise mit Bildnissen und Büsten ehemaliger britischer Herrscher die Verbundenheit mit der britischen Monarchie. Diese Herrscher hatten schon immer eine Neigung zur Mode; man denke nur an das Zusammenwirken König Georgs IV. und des Urdandys George Bryan Brummell (Beau Brummell) sowie an die Impulse, die König Eduard VII. der modischen Entwicklung gab. Das königliche Ambiente strahlte bei den Modepräsentationen auch auf die gezeigten Kleider aus und verlieh der Mode so einen erhabenen Glanz.
Am 14. September 2012 stellte der aus der Türkei stammende und in London arbeitende Modeschöpfer Bora Aksu seine neue Kollektion für den Frühling und Sommer 2013 mit Tageskleidern in leuchtenden Gelb-, Rot- und Blautönen vor, wobei besonders die hohen, offenen Hüte in der Art einer Bügelkrone auffielen. Der aus Hong Kong stammende und in Irland arbeitende Modeschöpfer John Rocha folgte am 15. September 2012 mit zarten Kleidern in Pastellfarben; auch er setzte den Modellen Damenhüte auf. Hier zeigte sich der britische Stil. Er war sogar an den Hostessen nicht zu übersehen, denn anders als in Berlin trugen sie keine Freizeitkleidung aus T-Hemdchen und engen Sporthosen, sondern dezente einfarbige Tageskleider. Überhaupt erschienen die weiblichen Gäste gerne in formeller Kleidung. In der Goldsmiths’ Hall, einem von der Zunft der Goldschmiede herrührenden Gebäude, waren am 14. September 2012 die neuen Kleider der Marke „UNCONDITIONAL“ zu sehen. Die sportive Kollektion für informelle Anlässe umfaßte sowohl Damen- als auch Herrenkleidung in kräftigen Farben, beispielsweise in Rosa und Orange.
Eine weitere Veranstaltungsreihe war für den Nachwuchs konzipiert worden. Unter dem Motto „VAUXHALL FASHION SCOUT“ stellten sich vom 14. September 2012 bis zum 18. September 2012 in der Freemason’s Hall, einer Begegnungsstätte der Freimaurer, etliche junge Modemacher, welche die Modegestaltung in Großbritannien gelernt beziehungsweise studiert hatten, mit Modenschauen oder Präsentationsständen vor. Am 16. September 2012 waren mehrere Kollektionen unter der Gruppenbezeichnung „HOUSE OF EVOLUTION“ zu sehen. Dabei handelt es sich um eine Plattform, mit der in jeder Saison aufs neue ausgesuchte innovative Modemacher auf sich aufmerksam machen können. Diesmal waren die Marken „DELADA“, „Nadine Merabi“, „Spiritual Gypsy“ und „Zeynep Tosun“ beteiligt.
Ferner war das Hotel „The Westbury Hotel“ am 15. September 2012 und 16. September 2012 der Ort der Veranstaltungsreihe „FASHIONS FINEST London Fashion Week Off Schedule Show Season 4“, die sich ebenfalls als Plattform für junge Talente verstand. Als Besonderheit richtete sich diese Veranstaltungsreihe nicht nur an Journalisten und Einkäufer, sondern auch an „Fashionistas“, um ihnen neue Trends nahezubringen. Bemerkenswert war dort die starke Präsenz der Schwarzafrikaner, und zwar sowohl bei den Modemachern als auch bei den Modellen.