Paris – Welthauptstadt der Mode

Die Haute Couture ist der Gipfel der Genüsse

Das Palais Royal in Paris – Stätte der Politik und Mode (Bild: Christian Janssen)

Von Christian Janssen — 1. September 2012

Die Haute Couture ist ein Faszinosum ohnegleichen. Ihre Kleider vermögen immer wieder den Betrachter in Entzückung zu versetzen. Erneut war Paris der Schauplatz exzellenter Modepräsentationen.

Für die Zeit vom 1. Juli 2012 bis zum 5. Juli 2012 hatte die Chambre Syndicale de la Haute Couture, von den Präsentationen von Accessoires und Juwelen abgesehen, vierundzwanzig Modenschauen in ihren Veranstaltungskalender aufgenommen. Doch auch abseits der offiziellen Veranstaltungen hatten das internationale Fachpublikum und ausgewählte private Gäste die Gelegenheit, die Entwürfe der Modeschöpfer für den Herbst und Winter der Jahre 2012 und 2013 kennenzulernen.

Am 4. Juli 2012 schmückte der aus Syrien stammende und in Dubai arbeitende Modeschöpfer Rami Al Ali den barocken „Salon Pompadour“ des Hotels „LE MEURICE“ mit einer barocken Kollektion, wozu ihn der schwelgerische Lebensstil dieser Epoche inspiriert hatte. Um die epochale Pracht wiederaufleben zu lassen, war das Beste gerade gut genug. Tüll, Spitze, Musselin, Brokat und ein besonderer metallischer Taft kleideten die Modelle wie Prinzessinnen. Gold, Silber, Bronze, Purpur, Fuchsienrot und Champagner betonten als Schattierungen deren fürstlichen Rang. Die Krönung bildete eine ausgefeilte Ornamentik. Dabei waren die Kleider keineswegs bloße Nachbildungen historischer Kostüme, sondern Rami Al Ali verstand es, den barocken Geist mit einer modernen Formensprache für die heutige Frau von Welt zu neuem Leben zu erwecken. Mit einer glücklichen Hand hatte er Modelle ausgewählt, die mit ihrer aristokratischen Ausstrahlung mehr darstellten als fleischliche Kleiderständer, wodurch es ihm gelang, die Kleider adäquat zu präsentieren. Die von diesen Kostbarkeiten ausgehende Kraft ließ die Gäste die Modelle umkreisen wie die Planeten die Sonne; sowohl König Ludwig XIV., der Sonnenkönig, als auch sein Nachfolger König Ludwig XV., der Vielgeliebte, hätten sich dieser Konstellation gewiß erfreut.

Der Pariser Modeschöpfer Gustavo Lins aus Brasilien nutzte am 3. Juli 2012 aufs neue das exklusive Ambiente der Botschaft der Föderativen Republik Brasilien, um seine Kollektion „019“ aus Trenchcoats, Cardigans, Reitjacken, Kostümen und Kimonos in Seide, Leder, Baumwolle und Leinen in vorwiegend schwarzer Färbung vorzustellen. Akzente setzte er beispielsweise mit lindgrünen und aschgrauen seidenen Halstüchern sowie mit Nerzstolen in dem für das Sèvres-Porzellan typischen himmelblauen Schimmer, woran die Zusammenarbeit mit dem Porzellanhersteller sichtbar wurde. Gustavo Lins, für den Modekreation mehr geometrische Formschöpfung als reines technisches Zeichnen ist, beschrieb die Architekturschnitte seiner neuen Kleider: „Diese Kollektion ist eine Mischung aus Säulen und Voluten.“ Er sieht sich als „Brückenbauer“, dem es sehr wichtig sei, das Weibliche und das Männliche miteinander zu verbinden, wenn also die Damenkleidung einen gewissen maskulinen Einschlag hat. So waren die aus der Herrenmode kommenden Hosen seiner neuen Kollektion auf die Dame insoweit zugeschnitten, als sie an der „kritischen Stelle“ zwischen dem Muskel an den Lenden und der Gesäßoberkante eine Sperrung aufwiesen. Zur Abrundung erinnerten Fußbälle als Accessoires daran, daß Brasilien der Austragungsort der nächsten Fußballweltmeisterschaft sein wird.

Die Pariser Modeschöpfer Livia S. Stoianova und Yassen V. Samouilov aus Bulgarien zog es bei sommerlicher Hitze am 4. Juli 2012 zur Abwechslung ins Freie. Für ihre Marke „on aura tout vu“ verwandelten sie den Jardin du Palais Royal in einen mythischen Garten. Zauberhafte und gleichwohl stolze Märchenköniginnen mit Kronen und Zeptern schritten in Begleitung von Kentauren über den roten Teppich als Laufsteg. Der Pariser Modeschöpfer Julien Fournié blieb hingegen seiner bisherigen Veranstaltungsstätte treu. Am 3. Juli 2012 zeigte er im Club „SHOWCASE“ unter dem Pont Alexandre III seine neue Kollektion in kräftigen roten, gelben und violetten Tönen. Die niederländische Modeschöpferin Iris van Herpen hatte sich den Festsaal der Bürgermeisterei des 5. Arrondissements für ihre Modenschau am 2. Juli 2012 ausgesucht, wo sie das Publikum zu bombastischer Musik mit bombastischen Kleidern – meist sexy kurz mit ballonartigen Ausformungen – begeisterte.

Der Pariser Modeschöpfer Jean Paul Gaultier erregte mit seiner neuen Kollektion Aufmerksamkeit der anderen Art. Am 4. Juli 2012 fanden sich vor seinem Ateliergebäude Demonstranten ein, die mit den Parolen „NON À LA FOURRURE“ und „FUCK FUR“ gegen die Verwendung echter Pelze demonstrierten. Um ihr Anliegen zu unterstreichen, traten die Demonstranten dank blutroter Farbe mit „blutverschmierten“ Köpfen auf. Dennoch gingen sie in der Masse der Modeblogger, Photographen und Schaulustigen, die sich wie immer auf den von der Polizei gesperrten Teil der Fahrbahn tummelten, unter. Alles in allem machen die Kostbarkeiten, die schon auf jenen wenigen Veranstaltungen zu erblicken waren, klar, daß Paris nach wie vor die Sonne im Modeuniversum ist. Für jeden Modeliebhaber ist Paris eine Reise wert!


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